Das Ende 2021 in Frankfurt gegründete International Sustainability Standards Board (ISSB) entwickelt investorenorientierte Standards zur Nachhaltigkeitsberichterstattung. Es plant auch die Offenlegung von Scope-3-Emissionen. Das Board gehört zur International Reporting Standards Foundation (IFRS), welche die Rechnungslegungsvorschriften für Unternehmen weltweit herausgibt. Jenny Bofinger-Schuster, ISSB-Mitglied und Nachhaltigkeitsexpertin, gibt in unserem Interview Einblicke in die Ziele des ISSB sowie die Auswirkungen und Herausforderungen für Unternehmen. Zudem empfiehlt sie Maßnahmen, die Verantwortliche angehen sollten, um für die Zukunft gewappnet zu sein.
Frau Bofinger-Schuster, was sind die größten Herausforderungen bei der Entwicklung von global anwendbaren Standards im Bereich Nachhaltigkeit?
BOFINGER-SCHUSTER Die Einführung globaler Nachhaltigkeitsstandards ist im Grunde wie das Einführen einer neuen Sprache. Alle Beteiligten – die Unternehmen, die Investoren, die Regulierer und weitere wichtige Stakeholder – erlernen diese Sprache zusammen. Natürlich ist es wichtig, dass wir dabei alle vernünftig einbeziehen und unsere Standards so gestalten, dass sie verhältnismäßig, pragmatisch und skalierbar sind. So unterstützen wir den Start mit einer Vielzahl an Maßnahmen, wobei Trainings eine besonders wichtige Rolle spielen. Vieles können wir von unseren Kollegen des IASB lernen, die bei der Entwicklung globaler Accounting-Standards schon lange sehr erfolgreich sind.
Wie wird sich der neue Standard Ihrer Meinung nach auf die internen Entscheidungsprozesse von Unternehmen auswirken?
BOFINGER-SCHUSTER Mit den ISSB-Standards werden die Unternehmen nicht nur Kennzahlen ermitteln, sondern auch Ereignisse in der Zukunft einschätzen und offenlegen. Besonders für diese Ermessensentscheidungen entwickeln wir neben unseren Standards Leitlinien, die den Anwendern helfen werden, Informationen effektiv zu ermitteln und zu kommunizieren, damit sie für Investoren bei der Entscheidungsfindung nützlich sind. Natürlich bieten diese Daten dann auch einen Mehrwert für die Unternehmensführung.
Aus meiner persönlichen Sicht wird ein weiterer Effekt sein, dass sich bei der Anwendung der Standards auch das Zusammenspiel zwischen Finanz- und Nachhaltigkeitsabteilungen intensiviert. Das wirkt sich nicht nur positiv auf die Qualität der offengelegten Informationen aus, sondern führt auch zu einem besseren Verständnis der ESG-Risiken und -Chancen im gesamten Unternehmen. Natürlich werden dann auch Entscheidungen anders getroffen.
Dies ist aber nicht unser Fokus. Die IFRS-Standards zielen in erster Linie darauf ab, Investoren bessere Informationen zu liefern.