Wie der „Horváth GKV-Wechselmonitor 2024“, eine repräsentative Studie der Managementberatung Horváth unter mehr als 2.000 Bundesbürgerinnen und -bürgern, zeigt, erwägt aktuell mehr als ein Drittel der Bevölkerung, die Krankenkasse im Zuge der bevorstehenden Beitragserhöhung zu wechseln (35 Prozent). Bei den gesetzlich Versicherten sind es sogar 43 Prozent. Zu einer anderen GKV zu wechseln planen 38 Prozent, fünf Prozent liebäugeln mit dem Wechsel zu einer privaten Krankenversicherung.
Nachdem viele Krankenkassen im Laufe des Jahres bereits ihre Zusatzbeiträge erhöht haben, ist für die Versicherten auch in den kommenden Monaten keine Erholung in Sicht: Derzeit wird davon ausgegangen, dass die Bundesregierung den durchschnittlichen Zusatzbeitrag in der gesetzlichen Krankenversicherung ab 2025 von 1,7 auf 2,45 Prozent erhöhen wird. Die Bandbreite der tatsächlichen Zusatzbeiträge jedoch unterscheidet sich deutlich je nach Kasse: Von 0,9 bis 2,8 Prozent ist alles dabei. Ein Wechsel der Krankenkasse kann daher je nach persönlichen Umständen zu einer Ersparnis von mehreren Hundert Euro führen. „Der durchschnittliche Zusatzbeitrag ist für die Kassen nicht verpflichtend. Krankenkassen, die gut wirtschaften, können es sich leisten, die Beiträge für ihre Versicherten niedrig zu halten“ sagt Simon Arne Manner, Studienleiter und Partner bei der Managementberatung Horváth.
Versorgungslücke lässt Beitragszahlende bangen
Konjunktur und instabile weltpolitische Lage auf der einen Seite, eine anstehende Krankenhausreform, welche von den gesetzlichen Krankenkassen mitfinanziert werden muss, auf der anderen, lassen die Ausgabenrisiken der Krankenkassen für das kommende Jahr steigen. „Daraus ergibt sich eine riesige Versorgungslücke. Die Angst davor kommt nun auch bei den Versicherten an“ warnt Versicherungsexperte Manner mit Blick auf die Studienergebnisse: Etwa die Hälfte der Befragten gibt an, dass sie sich Sorgen um eine ausreichende Versorgungsverfügbarkeit von Gesundheitsleistungen macht. Knapp 20 Prozent sind unzufrieden mit den Leistungen ihrer aktuellen Krankenkasse oder fühlten sich dort nicht gut betreut. Für die Unzufriedenen ist der Wechsel der Krankenkasse eine valide Option: Mehr als die Hälfte denkt hier konkret über einen Wechsel nach, davon acht Prozent über einen Wechsel in eine private Versicherung.
Wechsel vor allem aus finanziellen Gründen
Der Hauptbeweggrund, warum Menschen in Betracht ziehen, ihren Versicherungs-anbieter zu wechseln, ist die Einsparung von Kosten. Dabei steigt die Wechselbereitschaft mit dem Einkommen: Schon ab einem Nettohaushaltseinkommen von 2.000 € nehmen Beitragserhöhungen einen überdurchschnittlich hohen Stellenwert ein, wenn es um Gründe für einen etwaigen Wechsel geht. Dies könnte an der höheren Realbelastung liegen, der sich Besserverdiener trotz gleichbleibender Leistungen ausgesetzt sehen. Teilzeitbeschäftigte denken weniger über einen Wechsel nach als Vollzeitarbeitende (37 Prozent vs. 45 Prozent).
Wechselwillige bei Beitragserhöhungen zwiegespalten
Für die wechselwilligen gesetzlich Versicherten, für die der Beitragssatz ein Wechselgrund ist, steigt die Wechselbereitschaft bereits ab einer jährlichen Beitragsanpassung von ca. 30€ deutlich – 26 Prozent der Befragten ziehen ab dieser Schwelle einen Wechsel in Betracht. Diese Zahlen verdeutlichen, wie empfindlich Versicherte auf Beitragsanpassungen reagieren. „Unsere Umfrage zeigt deutlich: Die Schmerzgrenze ist bei den Versicherten schon früh erreicht. Nach den stetigen Beitragserhöhungen und Negativschlagzeilen der letzten Monate sind die Verbraucher für einen Wechsel sensibilisiert“ sagt Simon Arne Manner. „Trotz eines Gewöhnungseffekts an kontinuierliche Beitragserhöhungen bleibt den Krankenkassen mit dem Beitragssatz Spielraum, attraktiv für Kunden zu sein – auch wenn der Preis nur noch einer von mehreren Treibern ist “.
Neben den steigenden Beiträgen führt auch die Suche nach besseren Versorgungsangeboten und die Hoffnung auf besseren Zugang zu Ärzten und schnellere Terminvergabe dazu, dass Menschen sich nach einer anderen Krankenkasse umsehen. Für Personen mit Kindern nimmt außerdem die Option auf eine gemeinsame Familienversicherung einen hohen Stellenwert ein. Überraschend ist, dass das Thema Nachhaltigkeit bei jungen Familien fast genauso wichtig ist wie der Preis - für andere Versicherte aber fast keine Rolle beim Wechsel spielt.
Es gibt verschiedene Strategien, um sowohl Bestandskunden zu binden als auch Neukunden zu gewinnen. So äußerten in der Horváth-Umfrage 53 Prozent der Befragten den Wunsch nach einer besseren Information über individuelle Angebote ihrer Krankenkasse. Zudem legen 36 Prozent Wert auf die Markenwahrnehmung ihres Anbieters. Simon Arne Manner betont: „In Krisenzeiten ist eine effektive Kommunikation mit den Beitragszahlern für Versicherer entscheidend, um sich von der Konkurrenz abzuheben. Die Kassen sollten sich auf bevorstehende Wechselbewegungen vorbereiten, indem sie ihre Vertriebsaktivitäten verstärken und in ihren Kampagnen gezielt ihre Kernleistungen sowie klare Mehrwerte bewerben.”
Über die Studie
Für die Horváth-Studie “Horváth GKV-Wechselmonitor 2024” wurden im September 2024 insgesamt 2.042 Bundesbürgerinnen und -bürger repräsentativ nach Alter, Region, Geschlecht und Haushaltsgröße nach ihren Wechselabsichten im Zuge geplanter Beitragserhöhungen befragt.