Die derzeit unsichere Wirtschaftslage führt vielfach zu einem starken Kostenfokus. Aber Zukunftssicherheit braucht mehr: Strategische Neuausrichtung und einen klaren Blick nach vorn! Auch und gerade in wirtschaftlich herausfordernden Zeiten besteht großes Potenzial zu wachsen. Dieses Potential – sowohl im Kerngeschäft als auch im Neugeschäft – bestätigen 75 Prozent der befragten Führungskräfte der Horváth Growth Studie. Während deutsche Unternehmen vor allem im EU-Ausland wachsen wollen, zielen US-Unternehmen überwiegend auf den Heimatmarkt ab.
Aber was heißt Wachstum? Und wie wachsen Unternehmen erfolgreich? Oft wird Wachstum in Umsatzwachstum, EBIT-Wachstum, Gewinnung von Marktanteilen oder dem Anstieg des Free Cashflows bemessen. Das ist per se nicht falsch – aber nur die halbe Wahrheit und bietet einen sehr oberflächlichen Blick auf die Wertschöpfung einer Branche oder eines Unternehmens. Für ein echtes holistisches Bild gilt es, den Investitionsbedarf und die Opportunitätskosten des eingesetzten Kapitals zu berücksichtigen.
Die entscheidende Wachstumsgröße: Der Economic Profit
Eine nachhaltige Steigerung des Economic Profit ist nur möglich, wenn ein Unternehmen gezielt seine Wettbewerbsvorteile einsetzt. Dies macht es möglich, die tatsächliche Wachstumsleistung von Unternehmen, aber auch einzelner Initiativen präziser zu messen und zu bewerten.
Und genau das haben wir getan. Ausgehend vom Economic Profit haben wir uns auf die Suche nach echten „Growth Champions” gemacht. Dazu haben wir die umsatzstärksten 4.200 öffentlich gelisteten Unternehmen weltweit analysiert und den Economic Profit über den Zeitraum von 2014-2023 verglichen. Wir wollten verstehen: Was macht die Top Performer aus? Welche Hebel und Muster nutzen sie für ihren Wachstumserfolg und was können andere Unternehmen daraus für ihre eigene Growth-Story mitnehmen?
Die Ergebnisse zeigen: In den drei profitabelsten Sektoren „Telecommunications Services”, „Personal & Household Products & Services” sowie „Pharmaceuticals” wird im Durchschnitt der zwei- bis dreifache Economic Profit wie in den nachfolgenden Segmenten erwirtschaftet. Während Wachstum in den Top-Sektoren vergleichsweise leicht realisiert werden konnte, war es in den Bereichen „Real Estate“ & „Transportation“ besonders herausfordernd. Bei der Evaluation von Wachstumschancen ist es daher wesentlich für ein Unternehmen, zu verstehen, ob es in der Lage ist, seine Stärken so einzusetzen, dass es langfristig Economic Profit über dem Branchendurchschnitt generiert.
Durchschnittlicher erwirtschafteter „Economic Profit“ im Zeitraum 2019-2023, in Mio. Euro*
Sektor
928 Telecommunications Services
875 Personal & Household Products & Services
622 Pharmaceuticals & Medical Research
(...)
-47 Consumer Goods Conglomerates
-101 Academic & Educational Services
-349 Real Estate
* für vollständige Liste siehe Studienbericht
Die gute Nachricht vorweg: Genauso wie eine erfolgreiche Branche keinen unternehmerischen Erfolg garantiert, determiniert eine herausfordernde Branche auch keinen Misserfolg. Der eigene Gestaltungsspielraum durch unternehmerische Aktivitäten wird stark unterschätzt. Die Detailanalyse zeigt, dass die Top-Performer, die fast 80% der unternehmerischen Gesamtwertschöpfung ausmachen, im Wesentlichen durch ihre unternehmerischen Maßnahmen ihren Wettbewerb überholt haben. Standort und Sektorentwicklung sind eher unterstützende Faktoren – in beide Richtungen. So it´s on us!
Dies führt uns zu der Frage: Was kann jedes Unternehmen tun, um die eigene Wachstumsperformance zu verbessern und den eigenen Value zu maximieren (gemessen in Economic Profit/ Umsatz)? Im Rahmen unserer Analyse haben wir die drei zentralen Wachstumshebel identifiziert, die in der Gesamtdatenlage sehr aussagekräftig sind: Path, People & Power.
Path: Richtungsweisende Strategie
Fast schon ein „Klassiker“ in der Wachstumsplanung: Ein gut durchdachter Wachstumspfad bietet Unternehmen eine klare Richtung. Er hilft dabei, sich auf die richtigen Märkte, Produkte und Kunden zu konzentrieren und den Fokus richtig zu setzen. Was und wo sind meine Zielmärkte, meine Kunden, meine Regionen? Will ich im Kern oder darüber hinauswachsen? Im besten Fall: Wie kann ich mein Image und meine Differenzierung beispielsweise über meine Marke oder einzigartige Produkte optimieren? Um diesen Path zu definieren, gilt es wie oben erwähnt, die Chancen zu identifizieren, aus denen ein Unternehmen den höchsten Economic Profit generieren kann. Um diesen klar definierten Path zu beschreiten, bedarf es entsprechende Power und die richtigen People – beide Dimensionen werden in Wachstumsstrategien oft noch zu wenig oder zu halbherzig genutzt.
Power: Wachstumsressourcen richtig aufstellen
Wachstum braucht Power. Verantwortliche müssen entscheiden, ob organisches Wachstum oder Übernahmen, vertikale Integration, Outsourcing oder Kooperationen der richtige Ansatz sind. Der gezielte Zugang und der Einsatz von Kapital und Ressourcen sind der entscheidende „Treibstoff“ im Wachstumsmotor. Fünf Hebel sind gemäß unserer Analyse besonders wichtig und wirken gerade kombiniert noch stärker: „Straight forward“ M&A und klare Divestments, R&D Investments, Kooperationen und Ökosysteme, die Reallokation von Ressourcen sowie Finanzstruktur und Produktivitätssteigerungen.
Wichtig ist es, sicherzustellen, dass die Ambitionen über denen der Wettbewerber liegen. Effizienzsteigerungsprogramme führen anstatt des zum Planungszeitpunkt kommunizierten, klaren Wettbewerbsvorsprungs in der Realität oft maximal zu einem Mithalten im Wettbewerb, denn der schläft ja bekanntlich auch nicht. Ein klares Benchmarking der einzelnen Faktoren im Rahmen der strategischen Initiativenplanung ist daher essenziell.
Hinzu kommt das Commitment des Managements, notwendige Ressourcen bereitzustellen. Statt Ressourcen dynamisch auf Wachstumsthemen zu lenken, werden Budgets jedoch oft starr nach Vorjahreswerten verteilt, was echte Wachstumschancen behindert. Divestments zur richtigen Zeit können dabei ein Erfolgsbooster sein und Investitionsmittel bereitstellen. Ebenso entscheidend sind Investitionen in Forschung und Entwicklung, um durch Innovation höhere Margen und einen Marktvorsprung zu erzielen.
Das Benchmarking im Wettbewerb, aber auch die Nachverfolgung des Umsetzungserfolges sind essentiell, um die Wachstums-Power richtig zu lenken und zu nutzen.
People: Wachstumskultur und das richtige Mindset
Nur mit dem richtigen Team kann man Berge versetzen, denn es braucht die richtigen Kompetenzen und das richtige Mindset. Doch mehr als 60 Prozent der befragten Unternehmen unserer Horváth Growth-Studie berichten von fehlenden Kompetenzen. Dazu kommt: Obwohl Wachstumsstrategien bekannt und umgesetzt sind, bleiben sie oft Einmalmaßnahmen oder ein Grundrauschen. Weniger als die Hälfte der Befragten glaubt, dass die Mitarbeitenden die langfristige Unternehmensentwicklung und ihren eigenen Beitrag dazu wirklich verstehen. Aber Wachstum beginnt im Kopf! Echte Growth-Champions leben ein starkes Growth-Mindset auf allen Ebenen des Unternehmens. Dazu setzen sie klare Ziele und Incentivierungen, fördern kontinuierliches Lernen und nutzen New-Work-Konzepte, in denen Verantwortung und persönliches Wachstum unterstützt werden.
Die letzte Variable: „Play“
Die Wachstumsziele sind da und sie sind vielfältig: „Marktanteile gewinnen“, „Innovationskraft stärken“ und „technologischen Vorsprung gewinnen“ wurden in unserer Horváth Growth-Umfrage unter Top-Managerinnen und -Managern vielfach genannt.
Auf dem Weg dorthin müssen Unternehmen, die nachhaltig und profitabel wachsen wollen, ein stabiles Gleichgewicht aus den drei Faktoren Path, Power und People schaffen. Und dann das Wichtigste: Mutig auf „Play“ drücken.
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Svenja Stöveken