„Zu wachsen“, das klingt nach einem passiven Vorgang. Ist die richtige Basis gelegt und stimmen die Rahmenbedingungen, dann geht es los mit dem Wachstum, von ganz allein. In der Natur ist das so, in der Wirtschaft nicht. Unternehmenswachstum lässt sich aktiv auslösen, wenn die richtigen Hebel betätigt werden. Es lässt sich trainieren und etablieren.
Das Marktumfeld entscheidet nicht über den Erfolg
Natürlich gibt es viele Fälle von Unternehmen in schwierigen Marktsituationen, die aktuell kämpfen. Es gibt aber auch jede Menge erfolgreicher Unternehmen in Branchen, die gerade massiven Transformationen unterworfen sind. Und es gibt erstaunlich erfolglose Unternehmen in eigentlich gut laufenden Branchen. Das sind nicht nur Einzelfälle, wie eine aktuelle Horváth-Analyse der Unternehmensentwicklung von mehr als 4000 großen internationalen Top Manager:innen zeigt. Auch unsere Befragung von 160 Topmanager:innen international zeigt: Führungskräfte sehen mehrheitlich (sehr) großes Wachstumspotenzial sowohl im Kerngeschäft als auch in neuen Geschäftsfeldern – und zwar branchen- und länderübergreifend (jeweils 70 bis 75 Prozent).
Innovationskraft als Wachstumstreiber Nr. 1
Nach Einschätzungen der Befragten ist der wichtigste Hebel, um Marktanteile zu gewinnen und Wachstum zu realisieren: die Innovationskraft erhöhen. Die Erkenntnis, dass Transformationen nur durch Veränderung und neue Ansätze zu bewältigen sind, scheint allgemein angekommen zu sein. „Technologischen Fortschritt vorantreiben“ ist die nächsthäufigste Antwort, denn Transformationen gehen mit der weiteren Digitalisierung Hand in Hand.
Auf die Frage, welche externen Rahmenbedingungen sich am stärksten wachstumsfördernd auf das eigene Unternehmen auswirken würden, war ebenfalls die häufigste Antwort: Innovationsförderung bzw. Investitionen in Forschung und Entwicklung. Bei Industrieunternehmen in Deutschland liegt zudem „Bürokratieabbau“ gleichauf an erster Stelle. Entsprechend dem Motto „Focus on what you can control“ empfehlen wir aber, den Blick auf Hebel zu richten, auf die das Unternehmen auch Zugriff hat.
Growth braucht einen „seat at the table“
In weniger als einem Drittel der Unternehmen in Deutschland sind Wachstumsstrategien und ihre Umsetzung fester Bestandteil von Vorstandssitzungen. Zum Vergleich: In den USA sind es mehr als zwei Drittel. Warum wird nicht systematisch über Wachstum gesprochen? Vermutlich, weil den Verantwortlichen klar ist, dass zwischen Wunsch und Wirklichkeit noch eine Lücke klafft. Das größte Problem: Es fehlt in den Unternehmen an den notwendigen Kompetenzen, die es braucht, um Wachstum aktiv „loszutreten“.
Wachstumskompetenzen sind „die neuen Kronjuwelen“
72 Prozent der befragten Top Manager:innen geben an, dass für Wachstum benötigte Fähigkeiten wie Transformations- bzw. Veränderungskompetenzen nicht im notwendigen Maß in den Unternehmen vorhanden sind. Im Umkehrschluss heißt das: Wer über diese Kompetenzen verfügt, hat einen enormen Wettbewerbsvorteil. Sie sind die „neuen Kronjuwelen“ eines Unternehmens und finden mittlerweile auch in Finanzierungs- sowie M&A-Bewertungen immer mehr Betrachtung, etwa als Bestandteil der Human Capital Due Dilligence. Auch funktionierende, ganzheitliche transformatorische Ansätze sind für die Unternehmen Gold wert. In der Gruppe der Großunternehmen mit mindestens 5.000 Mitarbeitenden ist dies der größte Hemmschuh.
Investitionen richtig lenken
Vorstand beziehungsweise Geschäftsführung können noch so viel Mut und Optimismus demonstrieren: Wenn die Jetons nicht auf die richtigen Felder verteilt werden – oder zu wenige – bleibt das gewünschte Wachstum aus. In Deutschland werden von den Gesamtinvestitionen aktuell 42 Prozent auf neue Geschäftsfelder allokiert. Im Zeitraum von fünf Jahren soll dieser CAPEX-Anteil um zwei Prozent steigen. US-Unternehmen planen eine stärkere Erhöhung auf 47 Prozent bis 2029. Um dieses Verhältnis abbilden zu können, braucht es die notwendigen finanziellen Voraussetzungen.
Finanziellen Spielraum schaffen
Fast zwei Drittel der befragten Entscheider:innen geben in unserer Studie an, dass fehlende finanzielle Mittel zu Wachstumsstau in ihren Unternehmen führen. Damit dies nicht passiert, muss im Vorfeld finanzieller Spielraum geschaffen werden – und zwar durch die Optimierung des bestehenden Geschäfts. Hierbei sind sowohl Optimierungshebel auf der Marktseite wie eine Portfolio-Optimierung oder die Preisgestaltung zu prüfen, als auch die klassischen Kostenhebel in Herstell- und Verwaltungskosten zu beleuchten. So wird finanzieller Freiraum für notwendige Investitionen geschaffen, die über den Erfolg in der Zukunft entscheiden.
Mit dem Wissen über diese Zusammenhänge lässt sich Wachstum aktiv realisieren. Wenn der Blick von kaum veränderbaren Rahmenbedingungen hin zu gestaltbaren Faktoren gerichtet wird, und diese konsequent genutzt und umgesetzt werden, ist der Weg zum Wachstum frei.
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Heiko Fink