Heute wird sichtbar, was Wirtschaftswissenschaftler*innen schon seit vielen Jahren prophezeien: Wir treten in das „Beyond Growth“-Zeitalter ein. Für viele Unternehmen ist nicht mehr Wachstum die wichtigste Prämisse, der sie alle Entscheidungen unterordnen. Vielmehr besteht die größte Herausforderung derzeit darin, den Wandel der eigenen Organisation in allen Aspekten des Marktes und des Marktumfelds proaktiv mitzugestalten und die daraus resultierenden Veränderungen zu steuern.
Wie wir zu dieser gewagten These kommen? Auch in diesem Jahr haben wir im Rahmen unserer CxO Priorities Study Entscheider*innen globaler Unternehmen – hiervon 80 Prozent CEOs und CFOs – zu ihren strategischen Prioritäten, der wirtschaftlichen Entwicklung und relevanten Branchentrends befragt. Innerhalb von acht Wochen haben wir 250 Gespräche geführt, aus denen wir spannende Erkenntnisse abgeleitet haben.
Entstanden ist eine Studie, die eine völlig neue Perspektive auf den Wandel eröffnet, dem sich Organisationen heute stellen müssen. Trotz der großen Bandbreite der befragten Unternehmen aus elf Industrien – von Automotive über Banken und Versicherungen bis zu Energieversorgern – war das Metathema Transformation die am häufigsten genannte Herausforderung für die Führungskräfte.
Transformation als strategische Priorität
Der Begriff Corporate Transformation ist in den vergangenen Monaten nahezu zu einem „Wiesel-Wort“ verkommen – einem Begriff, der beeindruckend klingt, jedoch im Kern vage und unscharf ist, da die Bedeutung durch ständiges Wiederholen kontinuierlich ausgesaugt wurde. Mit unserer CxO-Studie konnten wir ein Stück des Transformationskerns wieder mit Leben füllen. Dessen drei strategischen Imperative „Shape current business“, womit die Optimierung des bestehenden Geschäfts gemeint ist, „Create future business“, also die Erschließung strategischer Innovationsfelder, und „Empower the business“, was die Unterstützung der Mitarbeitenden und Unternehmensinfrastruktur umfasst, sind relevanter denn je. Das machen die in unserer Studie identifizierten CxO-Prioritäten deutlich, die zur Erreichung der mittel- und langfristigen Wachstumsziele eine Rolle spielen. Eines wird auf den ersten Blick klar: Ohne eine tiefergehende Transformation der Organisation kann keine der Prioritäten erfolgreich umgesetzt werden.
Vier Treiber des strategischen Wandels
Für die befragten CxOs sind vier Themen besonders relevant. Zwei davon tragen die Transformation bereits im Namen: die grüne und die digitale Transformation. Beide bedingen, wie die anderen Prioritäten, einen signifikanten Wandel im Unternehmen. Somit bildet Corporate Transformation auch um sie eine inhaltliche Klammer.
Digitale Transformation Die Digitalisierung ist eine so fundamentale Entwicklung, dass sie Unternehmen dazu zwingt, bestehende Prozesse auf den Kopf zu stellen, zu automatisieren und zu digitalisieren (shape), völlig neue Wertversprechen zu kreieren sowie Services und Produkte neu zu denken (create) und Mitarbeitende durch eine optimierte digitale Infrastruktur zu befähigen, effizienter und effektiver zu arbeiten (empower). Unsere Studie zeigt, dass die digitale Transformation zwar für 69 Prozent der CxOs oberste Priorität hat, der Reifegrad jedoch stark auseinandergeht. Manche Unternehmen arbeiten derzeit an der Verbesserung der Datengrundlage, während andere bereits datengetriebene Geschäftsmodelle monetarisieren konnten. Hier muss eine Corporate Transformation jeden Kunden individuell abholen und Potenziale aufzeigen.
Ökologische Nachhaltigkeit von Strategien und Aktivitäten Im Vergleich zu 2021 hat Nachhaltigkeit stark an Bedeutung gewonnen und ist auf der CxO-Prioritätenliste von Platz 6 auf Platz 2 geklettert. Auch im vergangenen Jahr hat das Bewusstsein der Konsumenten für dieses Thema weiter zugenommen. Gleichzeitig haben sich länderübergreifend gesetzliche Vorgaben verschärft. Sustainability hat sich folglich zu einem Wertversprechen entwickelt, das Unternehmen Wettbewerbsvorteile ermöglicht. Die Bedeutung der grünen Transformation spiegelt sich auch in relevanten Branchentrends wider, darunter Circular Economy, Energieeffizienz und Dekarbonisierung im Mobilitäts- und Bausektor. Für einige Branchen bedeutet die Fokussierung auf ökologische Nachhaltigkeit einen fundamentalen Wandel ihres Geschäftsmodells (create).
Mitarbeiterbelange und New Work Mehr als ein Drittel der CxOs bewerten die Notwendigkeit, Mitarbeitende zu motivieren und Elemente des New Work zu etablieren als sehr wichtig, weitere 40 Prozent als wichtig. Hierbei wird deutlich, dass die Belegschaft die tragende Säule jeder Transformation ist. Nur wenn diese durch ein hohes Engagement, die passende Infrastruktur und das entsprechende Fachwissen “empowered“ ist, gelingen strategische Vorstöße. Gerade die Pandemie hat zu einem Umdenken bezüglich flexibler Arbeitsbedingungen geführt. Dieses Momentum kann nun von Unternehmen ergriffen werden, um die New-Work-Transformation strategisch für sich zu nutzen.
Strukturelle Optimierung von Kosten- und Ertragsstrukturen Obwohl dieses Thema seit der Studie aus dem Jahr 2020 zwei Plätze eingebüßt hat, bleibt es eine Top-Priorität für die befragten CxOs. Insbesondere die Corona-Krise hat in ihrer Anfangsphase zu teilweise harten Kostenreduktionsmaßnahmen geführt. Diese haben das bestehende Geschäft, seine Prozesse und Strukturen nachhaltig beeinflusst. Nichtsdestotrotz ist die Investitionsfreude in den vergangenen Monaten wieder gestiegen und nun gilt es, Kosten- und Ertragsstrukturen langfristig optimal zu transformieren (shape).
Dieser kurze Einblick macht deutlich, wie tief die Transformation entlang der drei strategischen Imperative „Shape“, „Create“ und „Empower“ bereits in Unternehmen verankert ist. Vertiefende Erkenntnisse dazu werden wir in den kommenden Wochen in weiteren Artikeln erläutern – denn Veränderung ist das New Normal für viele Organisationen.