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Green Banking: Fünf „Lessons Learned“ zur ESG-Einführung

Die Bankenszene ist auf dem Weg zum Green Banking. Das wird durch die steigende Bedeutung von ESG-Themen deutlich, wie etwa der EU-Taxonomie. Mittlerweile zeichnen sich erste „Lessons Learned“ ab − mit großer Wirkung auf Kosten und Erträge. Wir geben einen Überblick über die fünf wichtigsten Erkenntnisse.

1. Profitable Green Banking: How to make Green Money

Viele Banken verbinden die aktuelle ESG-Regulatorik lediglich mit weiteren Regelwerken, welche großen Umsetzungsaufwand, etwa im Berichtswesen, mit sich bringen. Zahlreiche Entscheider übersehen dabei jedoch die möglichen Potenziale. Green Banking bringt Marktanteile im Neugeschäft in Bewegung. Wer attraktive ESG-Produkte anbietet, profitiert. Bereits 40 Prozent des Neuanlagevolumens von offenen Investmentfonds fließen in ESG-Investments. Offensichtlich entscheiden Konsumenten bei finanziellen Themen nachhaltiger als im Supermarkt. Dort wächst der Anteil an Bio-Lebensmitteln zwar auch, lag im Jahr 2020 aber nur bei 6,4 Prozent.

Anders im Banking: Die Nachfrage nach grünen Produkten nimmt stetig zu. Neben grünen Anlagen gibt es auch grüne Finanzierungen und grünen Zahlungsverkehr. ESG-Produkte ermöglichen es den Banken, endlich aus der Commodity-Falle auszubrechen, da sie echten Mehrwert jenseits reiner Emotionalisierung bieten. So müssen Firmenkunden beispielsweise immer mehr regulatorische und kundenseitige Anforderungen erfüllen, wobei ihnen ESG-Bankprodukte helfen können. Mit entsprechender Kundenkenntnis eröffnet dies neue Vertriebschancen.

2. Grüne Refinanzierung: Mehr Liquidität und bessere Margen

Mit dem steigenden Interesse an Nachhaltigkeit geraten grüne (Re-)Finanzierungen zunehmend in den Fokus von privaten und institutionellen Anlegern. Was bislang nur mit Förderbanken möglich war, wird nun markttauglich. Da Investoren verstärkt Anlagen in grünen Finanzierungen nachfragen, werden diese auch preislich attraktiver im Vergleich zu nicht-ESG-Finanzierungen. Eine breite Infrastruktur für Eigen- und Fremdkapital existiert bereits, etwa in Form von ESG-Ratings durch spezialisierte Informationsdienstleister, Rating-Agenturen, ESG-Börsenindizes und Standards für Green Bonds oder Loans. Wer sich hier nicht bedient, dessen (Re-)Finanzierungsmarkt wird über die kommenden Jahre weiter schrumpfen.

3. USP: ESG ist nicht gleich ESG

ESG ermöglicht eine echte Differenzierung im Bankenmarkt jenseits des Preises. Grundlage sind die 17 Nachhaltigkeitsziele der UN. ESG wird zwar für alle Banken vorgegeben, eine Einheitslösung, welche alle Kreditinstitute vergleichbar macht, ist aber nur bei den Minimalanforderungen zu erwarten. Die ESG-Ziele sind dagegen eine Klaviatur, auf der jede Bank ihr eigenes Stück spielen kann − zugeschnitten auf die Bedürfnisse der jeweiligen Zielgruppen. Wer sich hier frühzeitig positioniert, sichert sich seinen Anteil am Zukunftsmarkt.

4. ESG-Reporting: Form vs. Inhalte

Regulatorische Anforderungen sind zunächst oft Reporting-Vorgaben wie beispielsweise der Nachhaltigkeitsbericht (NFR). Eine Bank sollte jedoch nicht nur an einem korrekten Berichtswesen arbeiten, sondern vor allem daran, dass die berichteten Inhalte vorteilhaft für die Bank sind. Dies lässt sich durch eine Nachhaltigkeitsstrategie und eine entsprechende -steuerung erreichen. Das dazugehörige ESG Performance Management wird dabei idealerweise nicht separat aufgebaut, sondern in die Gesamtbanksteuerung integriert. In diesem Jahr gab es bereits prominente Fälle, bei denen Finanzinstituten „Greenwashing“ vorgeworfen wurde – mit zweistelligen Börsenkurseinbrüchen in der Folge. Daher sollten Finanzinstitute Nachhaltigkeit im Rahmen der Gesamtbanksteuerung aktiv lenken – und dann berechtigterweise positiv über die eigene Nachhaltigkeit berichten.

5. ESG-Datenflut: Patchwork vs. integriertes, effizientes Datenmodell

Problematisch wird es, wenn Banken die verschiedenen regulatorischen Anforderungen (Output) ohne integrierte Datenarchitektur einzeln ausrollen, also beispielsweise den Nachhaltigkeitsbericht separat von der Säule 3 Offenlegung oder den Produktinformationspflichten gegenüber den Kunden. Dies würde Komplexität und damit Betriebskosten erhöhen. Die folgende Graphik veranschaulicht den Zusammenhang.

Auch die Datenquellen (Input) sind vielfältig und beeinflussen die eigene Geschäftstätigkeit. So müssen Banken viele zukünftig benötigte Informationen bei ihren Kunden erfragen. Dadurch steigt die Gefahr, dass sie von ihren Kunden als „bürokratisch“ aussortiert werden. Eine spannende Neuheit ist die Auswirkung auf das Funds Transfer Pricing. Geld in der Bank ist zukünftig nicht mehr neutral, sondern bekommt ESG-Qualitäten. So gibt es nach der EU-Taxonomie beispielsweise dunkelgrünes, hellgrünes und nicht-grünes Geld. Der Euro wird also in verschiedene ESG-Währungen eingeteilt, je nach Zweckbindung, Refinanzierung usw. Diese ESG-Währungen sind nun von Treasury innerhalb des Hauses zu steuern. Das Funds Transfer Pricing wird komplexer. Diese Beispiele zeigen, dass ein kosteneffizienter Betrieb nur mit einem integrierten, konsistenten Datenmodell zu gewährleisten ist. Finanzinstitute, die dies berücksichtigen, ersparen sich kostspielige Nachbesserungen.

Fazit

Diese fünf „Lessons Learned“ zeigen, dass ESG nicht nur eine weitere Regulation ist, die Banken umzusetzen haben. Vielmehr ermöglicht die Transformation des Geschäftsmodells und der Gesamtbanksteuerung zahlreiche Vorteile für diejenigen, die die Situation als Chance nutzen.

Alberth, M.