Unsere Kolleginnen und Kollegen am Standort Wien haben ihre neuen Büroräume im 15. Stock des Canetti Tower im neuen Geschäftsviertel rund um den Hauptbahnhof bezogen. Mit mehr Platz und moderner Infrastruktur bietet das neue Büro die perfekte Umgebung für weiteres Wachstum. Das beeindruckende Gebäude ist ein sogenanntes „Green Building“. Was das genau heißt, erklärt uns Stefan Bergsmann, unser Standortleiter in Wien.
Stefan, wir sprechen heute anlässlich des Earth Overshoot Day. Dieser wird jährlich von der Organisation Global Footprint Network berechnet und definiert jenen Tag, an welchem alle natürlichen Ressourcen der Erde aufgebraucht sind, die die Erde innerhalb eines Jahres wiederherstellen und damit nachhaltig zur Verfügung stellen kann.
Wir haben also in den ersten sieben Monaten diesen Jahres mehr CO2 ausgestoßen, als Meere und Wälder in einem ganzen Jahr absorbieren können. Zudem haben wir mehr geerntet, gefischt und geholzt, als die Erde in einem Jahr reproduzieren könnte – ab morgen leben wir Menschen defizitär was den Ressourcenverbrauch auf der Erde angeht.
STEFAN BERGSMANN Das ist richtig. Bereits seit 1970 übersteigt der jährliche Verbrauch die weltweit zur Verfügung stehenden Ressourcen. Die Tendenz seitdem ist leider sehr eindeutig: Unser Verbrauch nimmt stetig zu, wodurch der Overshoot Day jährlich immer weiter vorrückt. Es gibt einige Stellschrauben, an denen wir drehen können, um nachhaltiger mit unseren Ressourcen zu haushalten. Eine davon ist der Ausstoß von CO2. Als Dienstleistungsunternehmen ist dieser bei uns natürlich geringer als bei vielen produzierenden Unternehmen. Wir können unseren CO2-Austoß aber dennoch u.a. durch die Auswahl unserer Bürogebäude mitbeeinflussen, weshalb wir uns bei unserem neuen Office in Wien für ein sog. “Green Building” entschieden haben. Die Bau- und Gebäudewirtschaft liegt mit fast 40% der globalen CO2 Emissionen laut einem UN-Bericht beim Treibhausgas-Ausstoß auf Rekordniveau. Da liegt erhebliches Potenzial in den Bürogebäuden.
WORUM GEHT ES BEIM THEMA GREEN BUILDING?
STEFAN BERGSMANN Green Building ist als Begriff nicht geschützt. Daher liest man dazu teilweise unterschiedliches und viele Halbwahrheiten. Brechen wir den Begriff auf, so müssen wir Green Building aus verschiedenen Perspektiven betrachten. Wenn wir von nachhaltigem Bauen sprechen, dann sprechen wir in erster Linie von Ressourcen. Daneben müssen wir uns mit der Frage auseinandersetzen, welche Auswirkungen auf Mensch und Umwelt durch die Errichtung des Gebäudes entstehen.
Der Bau selbst erfolgt dann unter Verwendung recyclebarer bzw. Wiederverwendung von alten Baumaterialien. Beim Betrieb eines Gebäudes spielen nachhaltige Energiequellen, intelligente Steuerungssysteme, aber auch die räumliche Aufteilung eine wichtige Rolle. Im günstigsten Fall kombiniert das Gebäude noch die Aufrechterhaltung von Frischluft durch den Einsatz von Grünanlagen, wir alle kennen es aus Singapur oder Madrid.
TROTZ BAUBOOM SIND WIR IN DER WAHL VON NEUBAUTEN SEHR EINGESCHRÄNKT. WIE KÖNNEN UNTERNEHMEN DENNOCH DAZU BEITRAGEN EIN GRÜNES GEBÄUDE ZU UNTERHALTEN?
STEFAN BERGSMANN Das stelle ich euch gerne am Beispiel unseres Standortes in Wien vor, den wir kürzlich neu bezogen haben und der nur ein Beispiel für unsere Standorte darstellt, die alle auf nachhaltiges Bewirtschaften ausgerichtet sind.
Das komplette Bürogebäude ist LEED® zertifiziert. LEED® steht für Leadership in Energy and Environmental Design und ermöglicht den Nachweis der Gebäudequalität mit Hilfe eines Zertifikats.
Bei der Bewertung werden energetische und ökologische Kriterien berücksichtigt und eine Standardisierung im Bereich nachhaltiger Gebäude angestrebt.
Als Bewertungsgrundlage werden folgende Kategorien herangezogen:
- Sustainable Sites
- Water Efficiency
- Energy and Atmosphere
- Materials and Resources
- Indoor Environmental Quality
- Innovation in Design or Operation
- Regional Priority
Was den Stromverbrauch betrifft, so beziehen wir über unseren Lieferanten meinAlpenStrom Energie aus 100% erneuerbaren Energiequellen (97% Wasserkraft, 2% Sonnenenergie, 1% Windkraft). In der Bürofläche selbst werden alle Beleuchtungen über Bewegungsmelder gesteuert, um sicherzustellen, dass das Licht nur dann brennt, wenn es auch wirklich benötigt wird. Auch die Kühlung erfolgt über eine Bauteilaktivierung möglichst ressourcenschonend.
Unsere Car Policy fördert den Betrieb von Hybrid- und Elektrofahrzeugen. Da war es selbstverständlich das Thema Wallboxen bei der Standortwahl miteinzubeziehen, die auf unseren Parkflächen verfügbar sind. Noch entscheidender war für uns aber eine gute Anbindung an die öffentlichen Verkehrsmittel, sodass unsere Kunden und Mitarbeitenden auch problemlos mit dem Zug, der U-Bahn oder der Tram ins Office fahren können. Das Büro liegt direkt neben dem Hauptbahnhof. Für alle, die etwas mehr Bewegung bevorzugen und mit dem Fahrrad zur Arbeit zu kommen, verfügt das Gebäude über einen Gemeinschafts-Fahrrad Keller, Duschmöglichkeiten stehen ebenfalls zur Verfügung.
Als Beratung reduziert sich unser Asset Management primär auf unsere Hardware, d.h. Rechner, technisches Zubehör und Drucker. Unsere ausgediente IT-Hardware geben wir an AfB, Europas größtes gemeinnütziges IT-Unternehmen, das unsere IT- nach höchsten ökologischen und ethischen Standards recycelt, wodurch neue Ressourcen in Europa geschaffen werden.
Ein auf den ersten Blick sehr banales Thema, das aber große Wirkung erzielt, ist die Mülltrennung im Office. Mit der Reduzierung der Ausdrucke versuchen wir den Papiermüll stetig zu reduzieren. Daneben gibt es eine konsequente Mülltrennung.
Darüber hinaus engagieren wir uns auch im Bereich Green Consumption, zu welchem der gesamte Bürobedarf und unsere Green Catering Guideline gehören. Aber das ist nochmal ein ganz anderes Feld, das den heutigen Rahmen sprengen würde.
IN WELCHE RICHTUNG WERDEN SICH DIE BAUBRANCHE, ABER AUCH UNTERNEHMEN DEINER ANSICHT NACH KÜNFTIG ENTWICKELN MÜSSEN?
STEFAN BERGSMANN Die Baubranche steht mit dem Klimawandel vor großen Herausforderungen: Beton ist nicht nur der global am häufigsten verwendete Baustoff, sondern auch einer der stärksten Verursacher von Treibhausgasen. Allein acht Prozent der weltweiten CO2-Emissionen gehen auf sein Konto, der gesamte Flugverkehr liegt bei nur fünf Prozent. Dennoch ist der Betonbau unverzichtbar für die Entwicklung urbaner Räume und Alternativen wie Holz, Lehm oder Stahl und Glas kaum ein Ersatz. Daher arbeitet die Industrie seit Jahren daran, die Umweltverträglichkeit des Baustoffs zu erhöhen.
Stein des Anstoßes ist die Zementherstellung, als moderne Technologie seit fast 200 Jahren bekannt, bei der der Großteil der Emissionen anfällt. Ich denke, hier muss man vor allem ansetzen: erstens die Energiequellen für die Zementherstellung auf CO2-freie Energieträger umstellen, wie z.B. Wasserstoff; zweitens den Zementanteil im Beton generell besser dosieren; und drittens auch Wege finden, Beton zu recyclen und so beim Bau von Gebäuden wieder zu verwerten. Die Bau- und Bauzulieferindustrie hat das erkannt und arbeitet schon mit Nachdruck daran, diese Potenziale zu heben.
VIELEN DANK STEFAN, FÜR DIE INTERESSANTEN INSIGHTS!
Weitere Informationen rund um das Thema Nachhaltigkeit finde Sie hier: Nachhaltigkeit
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Dr. Stefan Bergsmann