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Große Umwälzungen: Bankregulation als Katalysator für nachhaltige Unternehmensfinanzierung

Nachhaltigkeit nimmt einen immer größeren Stellenwert in unserer Gesellschaft ein und ist zu einem Leitmotiv der Politik geworden. Folglich wird das Thema existenziell für Unternehmen aller Branchen. Diese müssen sich den neuen Anforderungen zeitnah stellen, um ihre Zukunftsfähigkeit zu sichern. Welche Regulatorik zur nachhaltigen Unternehmensfinanzierung dabei relevant ist und mit welchen Finanzinstrumenten der Übergang zu Green Finance erfolgreich gelingt, erläutern wir im Folgenden.

Das Thema Nachhaltigkeit stellt zahlreiche Unternehmen vor neue Fragestellungen. Werden künftig beispielsweise bevorzugt „Sustainable Banks“ gerettet? Werden Flughäfen zunehmend regional konsolidiert und dabei auf „Sustainable Airports“ gesetzt? Werden landwirtschaftliche Förderungen immer stärker zugunsten des „Sustainable Farmings“ verteilt? Die EZB hat im Juli dieses Jahres bereits angekündigt, zukünftig ESG-Kriterien beim Kauf von Unternehmensanleihen zu berücksichtigen. Die EU demonstriert ihren politischen Umsetzungswillen mit dem Green Deal von 2019. Green Banking soll dabei den Umbau der Gesellschaft zu mehr Nachhaltigkeit finanzieren. EU-Haushaltskommissar Johannes Hahn sieht die EU sogar als Weltmarktführer in nachhaltigen Finanzen. Diese Top-down-Ambitionen haben bereits zu drastischen Empfehlungen geführt. Das sonst eher liberale Research der Deutschen Bank schreibt: „Ohne ein gewisses Maß an Ökodiktatur wird es nicht gehen“.

Aber auch Bottom-up wird immer mehr Nachhaltigkeit gefordert, wie beispielsweise die „Fridays for Future“-Demonstrationen verdeutlichen. Einzelne Branchen werden semantisch gezielt angegriffen, Aviation etwa mit dem Kunstwort „Flugscham“. Und auch Konsumenten entscheiden sich immer häufiger für nachhaltige Produkte und handeln bewusster. Das eröffnet neue Chancen, da Marktanteile, die lange Zeit starr waren, nun in Bewegung geraten. Die Wirtschaft befindet sich also in einer Sandwich-Position zwischen Top-down- und Bottom-up-Anforderungen. Unternehmen sollten diesem Thema deshalb auch unabhängig von eigenen Nachhaltigkeitsmotivationen zügig Aufmerksamkeit schenken, um von den Entwicklungen nicht überrollt zu werden.

Überblick: Regulatorik zur nachhaltigen Unternehmensfinanzierung

Die EU möchte nicht nur Nachhaltigkeit direkt fördern, sondern die gesamte Finanzwirtschaft auf nachhaltige Finanzierung ausrichten. Dadurch sollen schließlich auch private Investments in Nachhaltigkeit kanalisiert werden. Die Finanzbranche wird damit zum Katalysator, so dass nicht nur sie selbst, sondern alle finanzierten Unternehmen und die ganze Gesellschaft nach und nach immer nachhaltiger werden. Der EU-Aktionsplan für das nachhaltige Finanzwesen sieht drei Zielrichtungen vor: 

  • Kapital soll in nachhaltige Investitionen gelenkt werden 
  • Finanzielle Risiken aus ökologischen und sozialen Problemen sollen aktiv gesteuert werden 
  • Der Wirtschaftsprozess soll transparent und langfristig nachhaltig erfolgen

Die EU-Taxonomie-Verordnung hilft zu bestimmen, welche Geschäftstätigkeiten als ökologisch nachhaltig eingestuft werden. Investitionen wiederum gelten dann als nachhaltig, wenn sie mindestens eines der sechs EU-Umweltziele fördern, kein Ziel wesentlich verletzen und arbeitsrechtliche Mindeststandards eingehalten werden. Die EU-Umweltziele sind: 

  • Klimaschutz
  • Anpassung an den Klimawandel 
  • Nachhaltige Nutzung und Schutz von Wasser- und Meeresressourcen 
  • Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft
  • Abfallvermeidung und Recycling 
  • Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung 
  • Schutz gesunder Ökosysteme

Darauf aufbauend sollen grüne Finanzprodukte geschaffen werden. Neue Pflichten entstehen für Vermögensverwalter, institutionelle Investoren, Banken, Versicherungen und Unternehmen − mit Auswirkungen auf die Finanzierung von Unternehmen.

Der Sustainable-Finance-Beirat der Bundesregierung hat Ende Februar 2021 seinen Bericht „Ein nachhaltiges Finanzsystem für die Große Transformation“ vorgestellt. Demnach sollen mehr Unternehmen zu nichtfinanzieller Berichterstattung verpflichtet werden − konkret ab 250 Mitarbeitern und unabhängig von der Rechtsform. Teile der Nachhaltigkeitsberichterstattung sollen zwingend (auch) im Lagebericht erfolgen. Risikomanagement soll auf Risiken aus Umwelt-Referenzszenarien erweitert und die nichtfinanzielle Erklärung verpflichtend geprüft werden.
 

Nachhaltige Finanzinstrumente auf dem Weg zu Green Finance

Unternehmen, welche den Übergang ihrer Finanzierung zu Green Finance beschreiten wollen, können dies typischer Weise in zwei Stufen machen. Zu klassischen Finanzierungsformen können zunächst ausgewählte, zweckgebundene grüne Finanzinstrumente hinzukommen (z. B. ESG-Schuldscheindarlehen oder ESG-Bankdarlehen), analog zu einem KfW-Darlehen für bestimmte nachhaltige Vorhaben oder Projekte. In einem zweiten Schritt wird das gesamte Unternehmen einem ESG-Rating oder bestimmten ESG-Indikatoren unterzogen, etwa KPIs, die im Nachhaltigkeits- und/oder Lagebericht aufgeführt und extern geprüft werden. Finanzierungen ohne konkrete Zweckbindung können dann daran gebunden werden (ESG-linked Finance). Hier geht es nicht um den formal-vertraglichen Vorteil von wenigen Basispunkten, sondern um das Aufzeigen der ESG-konformen Unternehmensausrichtung. Dies beeinflusst die Investorennachfrage und die Kapitalmarktpreise aktuell positiv, beispielsweise in Bezug auf Aktien- oder Green-Bond-Kurse. Bereits 40 Prozent des Neuanlagevolumens von Investmentfonds fließen in das Thema Nachhaltigkeit bzw. ESG. Hier spielt die Aufnahme der Unternehmensaktie oder der eigenen Green Bonds in ESG-Indizes eine wichtige Rolle. Mit dem steigenden Green-Finance-Anteil am Kapitalmarkt sichert ESG damit grundsätzlich den breiten Zugang zu Kapital. Sollten Unternehmen dennoch ausschließlich bei klassischen Finanzierungsformen bleiben, werden die ESG-Informationsabfragen der Banken dennoch zunehmen, denn Kreditinstitute benötigen diese Informationen, um ihr eigenes ESG-Profil rechtskonform berichten zu können.

Fazit

Verantwortliche können das Thema Green Finance mittelfristig nicht ignorieren. Die Nachhaltigkeits-Transformation der Gesellschaft sowie die Vorgaben der Politik erzeugen Aufwand, aber auch Chancen. Es liegt nun bei den Unternehmen, diese gewinnbringend zu nutzen.