Horváth Innovation Insights

Vom Konzept zur Digital Bank mit Beyond-Banking-Ökosystem

Die klassische Bankenwelt ist im Umbruch. Die Zinsen sind niedrig, die Erträge schwinden, „Challenger-Banken“ besetzen die Kundenschnittstelle. Wie können traditionelle Player hier relevant bleiben? Mit Lifestyle-Banking! Wie das gelingt, erfahren Sie hier.

Lifestyle-Banking – Wie sich etablierte Banken neu erfinden können

Stellen Sie sich vor: Sie könnten jederzeit und überall auf einen Blick sehen, wie viel Geld Sie ganz genau zur Verfügung haben – alle Konten und alle Karten. Oder Sie könnten exakt sagen, wie viel Sie jeden Monat beim Strom-, Gas- oder Internetanbieter aufgrund eines überteuerten Vertrages liegen lassen. Für jeden Wunsch könnten Sie ein eigenes Sparziel anlegen und es automatisch besparen. All Ihre Gutscheine könnten Sie zentral verwalten, um verbilligt im Lieblingsshop einzukaufen, anstatt sie verfallen zu lassen, weil Sie nicht mehr daran denken. Das, was Sie sich gerade vorgestellt haben, nennt sich Lifestyle-Banking. Ein Angebot, das zu Ihrem individuellen Leben passt.

Klingt gut? Gibt es bereits. Die Experten von Horvath & Partners haben genau diesen Ansatz als spannenden Auftrag erhalten und diesen mit der COMECO GmbH & Co. KG entwickelt und umgesetzt. Bevor wir aber in die bunte Welt des Lifestyle-Bankings abtauchen, werfen wir kurz einen Blick auf den – nicht so rosigen – Status quo der Bankenindustrie.

Die Bankenlandschaft im Umbruch

Seit der Finanzkrise 2008 sind die Zinsen, eine Hauptertragsquelle der Banken, auf ein Rekordtief gesunken, bis hin zu Negativzinsen auf Einlagen. Als wäre das nicht schon genug, müssen etablierte Banken auch noch mit stagnierenden oder schrumpfenden Kundenstämmen kämpfen. Denn neuen, rigoros digital agierenden Anbietern, sogenannten „Challenger-Banken“, gelingt es immer besser, die Kundenschnittstelle zu besetzen: durch bessere Kostenstrukturen und attraktive neue Funktionen.

Und es hört nicht auf. Im Zuge der Harmonisierung des Verbraucherschutzes hat die EU zur Schaffung gleicher Wettbewerbsbedingungen zwischen Zahlungsdienstleister und Nutzer die PSD II-Richtlinie durchgesetzt. Damit können nun auch Nicht-Banken im Auftrag des Kunden Transaktionsdaten und andere Finanzdaten von den Banken abfragen und verwerten. Firmen wie die deutsche Lufthansa-Gruppe mit ihrer neuen „Finance Plus“-App werden dadurch plötzlich neue Mitbewerber im hart umkämpften Markt der Banken. Die „Finance Plus“-App bedient sich der PSD II-Schnittstelle, um Informationen über die Konten des Nutzers und seiner Miles&More-Kreditkarte darzustellen. Über verschiedene Aktionen können Meilen gesammelt und im Miles&More-Shop oder der Flugbörse eingelöst werden.

Mit vereinten Kräften neue Wege gehen

All diese Entwicklungen heizen den Wettbewerb massiv an und erhöhen den Innovationsdruck auf die etablierten Banken. Das galt auch für die Sparda-Banken, die diesem Szenario eine innovative Strategie entgegenstellen wollten.

Von März bis Mai 2018 wurde in einer kurzen Vorstudie ermittelt, wie eine genossenschaftliche Bank sich im wandelnden Markt positionieren soll. Es entstand die Vision, Kunden durch smarte Features zu begeistern und die PSD II-Schnittstelle als Treiber eines Ökosystems einzusetzen, um so nachhaltig einen Wettbewerbsvorteil zu erlangen.

Das hierfür gegründete Fintech-Start-up COMECO konnte sieben Sparda-Banken für sich als erste Investoren gewinnen und beauftragte Horváth & Partners mit der Orchestrierung der diversen Umsetzungspartner sowie mit der Unterstützung beim Unternehmensaufbau.

Über dieses Fintech werden Innovationen und neue vielversprechende Ertragsmodelle außerhalb der bisherigen Strukturen schnell und kundenzentriert zur Marktreife entwickelt. COMECO steht für „COMmunity ECOsystem“ und hat das Ziel, bis 2025 im europäischen Raum ein führendes Ökosystem aufzubauen – mit einem Portfolio, das auf Online-Banking basiert.

Mit TEO lanciert das Fintech sein erstes Produkt: eine Open-Banking-Plattform mit Beyond-Banking-Ökosystem. In einem Beyond-Banking-Ökosystem werden nebst Bankenprodukten auch Produkte von Non-Finance-Partnern angeboten. Nach einem erfolgreichen Beta-Test bis Dezember 2019 startete die App im Januar 2020 in den App Stores. Die Sparda-Banken konnten als erster Kunde für TEO gewonnen werden und bieten ihren Bankkunden diese Finanzplattform nun an.

Smarte Features

Vom Start weg ist TEO mit innovativen Funktionen ausgestattet; weitere werden laufend freigeschaltet. Ein kleiner Auszug:

  • Finanzwetter: auf einen Blick sehen, wie es um die finanzielle „Großwetterlage“ steht
  • Sparboxen: große Träume und kleine Wünsche, nur wenige Swipes entfernt
  • Vertragsmanager (coming soon): Transparenz über Verträge & Erleichterung beim Vertragswechsel
  • Stories: durch maßgeschneiderte Stories Kunden gezielt ansprechen und alltagsrelevante Mehrwerte anbieten
  • Marktplatz: zu jedem Anlass passende Angebote finden
  • Gutscheine: Dank Gutscheinen immer einen Rabatt zur Hand

 

Abbildung der Gutscheine

Damit wird eine Vielzahl von Kundenbedürfnissen angesprochen, die bei Banken bisher meist unter dem Radar verschwanden. Hier zwei Beispiele:

  1. TEO hilft mit den Sparboxen, die eigenen Sparziele auf einfache und spielerische Art und Weise im Überblick zu behalten. Und das Beste: Das Geld bleibt dabei die ganze Zeit auf dem ausgewählten Konto. Durch die einfache Aufteilung auf verschiedene Boxen und das Ansparen über mehrere Wochen wird spielerisch Geld auf die Seite gelegt. Dem langersehnten Urlaub in der Ferne oder dem iPad kann man so virtuell Geld zuteilen.
  2. Dank der Gutscheine stehen außerdem immer Rabatte von 3-15% zur Verfügung. Von über 25 Partnern – von About You über Tchibo zu Galeria Kaufhof – lassen sich bereits Gutscheine bei TEO erwerben und online sowie offline einlösen. Über den Marktplatz werden Reisen, Sportartikel oder andere Angebote exklusiv zu verbilligten Konditionen oder einem anderen Vorteil angeboten. Mit einem Sport- und Outdoorartikel-Hersteller wird gestartet, weitere Partner stehen in der Pipeline bzw. werden bereits über eine API, eine Anwendungsschnittstelle, schnell und unkompliziert angebunden. Der Vertragsmanager (coming soon) erkennt automatisch wiederkehrende Kostenposten, wie Telefon-, Strom- oder Versicherungsrechnungen. Diese stellt er dem Nutzer übersichtlich dar. So behält der Kunde seine Fixkosten im Blick. In der folgenden Ausbaustufe sollen die erkannten Verträge dann analysiert, das Optimierungspotenzial aufgezeigt und vorteilhafte Vertragswechsel nach Vorgabe des Kunden automatisch durchgeführt werden.

Der „One-Stop-Shop“ von Horváth & Partners für digitale Banken und Ökosysteme

Um innerhalb von 1,5 Jahren vom Konzept zum fertigen Produkt zu kommen, war ein ganzheitlicher Ansatz nötig. Von Beginn an war klar, dass nur eine intensive, interdisziplinäre und kundenorientierte Vorgehensweise, die sich agiles Projektmanagement zu Nutze macht, eine zügige Umsetzung ermöglichen würde. Die Experten von Horvath & Partners, Finnoconsult (UX/UI Design), LHBS (Digitales Marketing & Market Testing) und BGK (technische Umsetzung, Programmierung) haben COMECO in Sachen Strategie, Entwicklung und beim Launch des Produkts unterstützt und konnten dabei auf einschlägige Erfahrungen zurückgreifen. Ein Teil des Teams war früher für die Entwicklung von myGeorge bei der Erste Group zuständig, das komplette Team unter dem Lead von Horváth & Partners steht zudem auch hinter „Zak“, dem 2018 von der Bank Cler gelaunchten, ersten Mobile-only-Banking der Schweiz. Wer ein erfolgreiches Ökosystem aufbauen will, muss schnell sein und sich dem Markt anpassen.

„Als von COMECO beauftragter Generalunternehmer orchestrieren wir in enger Abstimmung mit dem Kunden die jeweiligen Expertenteams und teilen uns die Verantwortung für Projektbudget und Projektergebnis – von der Strategie bis zum MVP. Unsere Kunden schätzen dieses Prinzip eines ‚One-Stop-Shops‘ außerordentlich“, sagt Jörg Schönhärl, Partner und Leiter Innovation bei Horváth & Partners.

Weitere Informationen finden Sie bei COMECO und TEO.

Ausblick: Das Zusammenspiel der Kanäle „digital“ & „analog“ wird häufig unterschätzt

In unseren Artikeln „Ökosysteme – fernab von Biologie“ und „Zak – vom traditionellen Bankinstitut zum digitalen Vorreiter“ beschreiben wir an einem Umsetzungsbeispiel, warum digitale Plattformen und Ökosysteme aus unserer Welt nicht mehr wegzudenken sind. In unserem nächsten Artikel werden wir das Zusammenspiel digitaler Kanäle, wie App und Web, mit physischen Kanälen, wie Filialen, näher beleuchten. In der Ära der digitalen Plattformen verlieren physische Kanäle nicht an Bedeutung, sie werden nur neuartig genutzt.

Unsere Kompetenz beim Aufbau von Plattformen und Ökosystemen:

Falls wir Ihr Interesse am Aufbau von Plattformen oder Ökosystemen geweckt haben, kontaktieren Sie uns gerne. Wir bieten ein umfangreiches Leistungsportfolio im Bereich Innovation und stellen Ihnen weitere konkrete Fallbeispiele unserer Kunden vor.