Horváth EU-Studie: Nachhaltigkeit wichtiges Motiv für EU-Wahl – Deutsche von wirtschaftlichen Chancen jedoch weniger überzeugt als Nachbarländer

  • Eigenverantwortung für Nachhaltigkeit in Deutschland besonders stark ausgeprägt
  • ESG und CO2-Steuer geht der Mehrheit der befragten EU-Bevölkerung nicht weit genug
  • Uneinigkeit in politischen Gremien wird als Hauptursache für mangelnden Fortschritt gesehen

In Deutschland geben 60 Prozent der Bevölkerung an, dass Nachhaltigkeit für ihre EU-Wahlentscheidung am 9. Juni wichtig ist. Damit liegt die Bundesrepublik im Vergleich zu anderen EU-Staaten jedoch recht weit hinten. In Frankreich, Spanien und Italien liegt dieser Wert über 70 Prozent. Die Deutschen sehen zudem weniger wirtschaftliche Chancen in Klimaschutzprogrammen als europäische Nachbarländer (Deutschland: 67 Prozent; Frankreich, Spanien, Italien: 75 bis 81 Prozent).Auch die Sorgen, die sich die deutsche Bevölkerung über das Leben kommender Generationen in knappen Ressourcen und Folgen des Klimawandels macht, sind geringer ausgeprägt. Hierzulande geben 70 Prozent an, dass Gedanken daran ihnen auf Gemüt schlägt – im EU-Ausland sind es rund 80 Prozent. Dies sind Ergebnisse der aktuellen, länderübergreifenden Horváth-Studie „Nachhaltigkeit im Kontext der Europawahl“.

„In Deutschland sind viele Menschen hin und her gerissen. Sie wollen Energiewende und Umweltschutz voranbringen, aber die nationale Konjunktur, vor allem die heimische Industrie, nicht zu stark gefährden beziehungsweise belasten. Zudem bezweifeln sie die Finanzierbarkeit von Anreizen. Die 60-Milliarden-Lücke im Klimafonds, resultierend aus der Schuldenbremse, wirkt nach“, sagt Matthias Deeg, Partner und Nachhaltigkeitsexperte bei der international tätigen Beratung.

Eigenverantwortung für Nachhaltigkeit in Deutschland besonders stark ausgeprägt

Auch die stärker wahrgenommene Selbstverantwortung der Befragten in Deutschland kann mit mangelndem Vertrauen in politische Durchsetzungskraft und finanzielle Kapazitäten zusammenhängen. 51 Prozent antworten hier auf die Frage, bei wem die Verantwortung für nachhaltiges Handeln liegt, mit „bei jedem einzelnen Bürger beziehungsweise jeder Bürgerin“ (vgl. Frankreich: 36 Prozent, Spanien: 24 Prozent, Italien: 40 Prozent). Nur 21 Prozent der Deutschen verorten sie in erster Linie beim Staat (EU-Ausland: 30 Prozent). Die EU wird sowohl in Deutschland als auch in den übrigen Ländern von 17 Prozent in die Pflicht genommen, die Unternehmen von elf Prozent.

Europaweiter Rückhalt für Nachhaltigkeit

„Insgesamt sticht positiv hervor, wie viele Befragte aus der EU die Notwendigkeit und Chancen nachhaltigen Handelns und Wirtschaftens sehen – auch bei Befragten mit konservativer Wahlabsicht“, so Horváth-Experte Matthias Deeg. Für die Aussage, dass sich Klimaveränderungen ohnehin nicht mehr aufhalten oder abmildern lassen, findet sich – mit Ausnahme von Rumänien – in keinem der untersuchten Länder eine Mehrheit, obwohl 68 Prozent aller Befragten einen konservativen Trend im EU-Wahlausgang vorhersehen.

ESG und CO2-Steuer geht der Mehrheit nicht weit genug

Europaweit und auch in Deutschland befürworten mehr 80 Prozent der Befragten, Unternehmen stärkere Anreize für nachhaltiges Wirtschaften zu bieten. Offensichtlich nicht nachhaltig agierende Unternehmen sollen aus Sicht von mehr als 70 Prozent der befragten Bundesbürgerinnen und -bürger (stärker) sanktioniert werden. Im EU-Ausland sprechen sich sogar 84 Prozent dafür aus.

Uneinigkeit in politischen Gremien wird als größtes Problem gesehen

In folgendem Punkten sind sich die Befragten der verschiedenen Nationen einig:
„Wenn Nachhaltigkeitsinitiativen nicht global umgesetzt werden, erzielen sie nicht die notwendige Wirkung.“ – diesen Satz „unterschreiben“ mehr als drei Viertel in jedem Land. 77 Prozent, sowohl in Deutschland als auch im EU-Gesamtschnitt, sind zudem der Meinung, dass die unterschiedlichen Regierungs- beziehungsweise Parteiensysteme der EU-Mitgliedsstaaten ein gemeinsames, konsolidiertes Vorgehen für mehr Nachhaltigkeit verhindern. „Das neu gewählte Europäische Parlament hat die Chance, dieses Urteil zu entkräften.“, so Deeg.

Über die Studie

Für die Horváth-Studie „Nachhaltigkeit im Kontext der Europawahl“ wurden repräsentativ über 1.900 repräsentativ wahlberechtigte Personen (ab 16 Jahren) aus sieben europäischen Ländern befragt, darunter Deutschland, Frankreich, Spanien und Italien. Studienteilnehmende aus Deutschland machen 1.000 Personen der Stichprobe aus. Die Befragung wurde im Mai 2024 abgeschlossen.

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