Horváth-Studie: Bundesministerien fehlt Fachwissen und Praxiserfahrung

  • Weniger als ein Viertel der Führungskräfte ist in Wirtschaftswissenschaften oder einem MINT-Fach ausgebildet  

  • Mehrheit ohne jegliche Berufserfahrung in der Privatwirtschaft 

Für die Studie „Top-Verwaltung im Fokus“ hat Horváth im Dezember 2023 die Lebensläufe von 88 Bundesminister:innen und Staatssekretär:innen der 15 Bundesministerien in Deutschland systematisch analysiert. 

Die deutschen Bundesministerien sind auf Leitungsebene von Expertinnen und Experten mit politikwissenschaftlichem und juristischem Hintergrund dominiert. Nur knapp ein Viertel verfügt über ein abgeschlossenes Studium im Bereich der Wirtschaftswissenschaften oder der MINT-Fächer. Zudem haben nur 42 Prozent vor ihrer Tätigkeit in einem Bundesministerium Berufserfahrung in der Privatwirtschaft gesammelt. Das geht aus der Studie „Top-Verwaltung im Fokus“ der Managementberatung Horváth hervor. 

Von allen Studiengängen sind Politikwissenschaftler:innen mit einem Anteil von 28,4 Prozent am häufigsten in den Bundesministerien vertreten. Dahinter folgen mit 26,1 Prozent die Rechtswissenschaftler:innen. Erst auf dem dritten Platz liegen Wirtschaftswissenschaftler:innen mit 19,3 Prozent. Die MINT-Fächer belegen mit 4,5 Prozent den abgeschlagenen sechsten Platz hinter den Verwaltungs- und Geisteswissenschaften (jeweils 5,7 Prozent). Auch an praktischen Erfahrungen in der Privatwirtschaft mangelt es in den Ministerien. Das gilt vor allem für verbeamtete Staatssekretär:innen. Nur 37,1 Prozent von ihnen haben zuvor in einem Unternehmen der freien Wirtschaft gearbeitet, auf Bundesministerien-Ebene sind es immerhin 45,8 Prozent, damit aber auch weniger als die Hälfte.  

„Der deutlich dominierende Anteil an Fachleuten aus Politik- und Rechtswissenschaften birgt das Risiko, dass zu wenige praxisnahe und funktionierende Anreize oder Steuerungssysteme für die Wirtschaft entstehen“, sagt Simon Arne Manner, Public-Experte und Partner bei Horváth. „Dies führt dazu, dass technologische Innovationspotenziale bei Zukunftsthemen wie Künstliche Intelligenz, Energiewende oder Dekarbonisierung nicht ausgeschöpft werden. Stattdessen steht die Regulierung rechtlicher Details im Vordergrund und die Bürokratie nimmt weiter zu.“ 

„Ein Vergleich der Lebensläufe und Hintergründe von Verantwortlichen in Ministerien mit denen von Führungskräften in deutschen Konzernen macht deutlich: Es existieren zwei Welten mit immer weniger Berührungspunkten“, sagt Manner. „Interdisziplinäre Formate für persönlichen Austausch gibt es immer weniger, stattdessen finden Diskussionen, oft kompromisslos, immer öfter in Medien und sozialen Netzwerken statt. Wir müssen hier dringend Brücken bauen, um die notwendigen Transformationen, von Energiewende bis hin zu Automation und künstlicher Intelligenz, gemeinsam zu meistern.“ 

Bayern unterrepräsentiert 

Die Studie zeigt weiter, dass einige Bundesländer in den Ministerien unterrepräsentiert sind. Dies gilt vor allem für Bayern. Obwohl das Bundesland 15,8 Prozent der gesamtdeutschen Bevölkerung ausmacht, stammen nur 6,8 Prozent der Minister:innen und Staatssekretär:innen aktuell von dort. Ein ähnliches Bild ergibt sich mit Blick auf Ostdeutschland. 14,9 Prozent der deutschen Bevölkerung leben im Osten, in der Top-Verwaltung kommen nur acht Prozent von dort. Im Gegensatz dazu stellt Nordrhein-Westfalen 25 Prozent der Minister:innen und Staatssekretär:innen, aber nur 21,5 Prozent der Bevölkerung.  

Über die Studie

Für die Studie „Top-Verwaltung im Fokus“ hat Horváth im Dezember 2023 die Lebensläufe von 88 Bundesminister:innen und Staatssekretär:innen der 15 Bundesministerien in Deutschland systematisch analysiert.  

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