Horváth-Studie: Energieversorger stehen hinter Novellierung des Gebäudeenergiegesetzes – Wärme bis mindestens 2025 lukrativstes Geschäftsfeld der Branche

  • Wärmegeschäft bis mindestens 2025 margenträchtigstes Geschäftsfeld
  • Höchstes Potenzial bei Großwärmepumpen in der Industrie, Wohnungswirtschaft und im öffentlichen Bereich – auch private Wärmepumpen bleiben attraktiv
  • Mehrheit der Versorger verpasst eigene Netzausbauziele wegen Kapazitätsengpässen

Die Versorgung der Bundesrepublik mit Wärme ist kriegs- und krisenbedingt zum Politikum geworden. Mit Blick nach vorn gilt es nun, den Wärmesektor zu dekarbonisieren, um die Klimaziele zu erreichen. Die Novellierung des Gebäudeenergiegesetzes (GEG), nach der ab 2024 nur noch Heizungen mit 65 Prozent Erneuerbare-Energien-Anteil installiert werden sollen, wird von den Energieversorgern mehrheitlich befürwortet, wie eine aktuelle Marktstudie der Managementberatung Horváth zeigt. Demnach sehen 80 Prozent der Versorger in der Regulierung eine Notwendigkeit, um Emissionen in vorgegebenem Maß zu senken. 60 Prozent sehen in der Novellierung des GEG die Chance mehr Wertschöpfung beim Wandel von der Gaslieferung zur Wärmeversorgung zu etablieren. Die Mehrheit der Branchenvertreter fordert dazu ergänzend eine mindestens 50-prozentige Förderungsquote für Altbausanierungen, um parallel die Energieeffizienz der Gebäude zu erhöhen und die Möglichkeiten für den Einsatz von Wärmepumpen zu steigern. Insgesamt stehen stabile politische und regulatorische Rahmenbedingungen an erster Stelle der von den Versorgern genannten Erfolgsfaktoren für eine klimaneutrale Wärmeversorgung, gefolgt von ausreichend Fachpersonal (69 Prozent) sowie einer guten Zusammenarbeit mit den Kommunen, beispielsweise für schlanke Planungsprozesse (67 Prozent).

„Im lukrativen Geschäft mit integrierten Wärmelösungen sind drei Geschäftsmodelle im Fokus: der Ausbau der Fernwärme mit Großwärmepumpen, Quartierslösungen sowie industrialisierte Wärmepumpenlösungen für Einfamilienhäuser und Gasthermenvermietungen. Die Realisierung dieser Potenziale hängt jedoch mit dem weiteren Netzausbau für Fernwärme und Strom zusammen“, sagt Matthias Deeg, Partner und Experte für Energiewirtschaft bei Horváth.

Wärmegeschäft bringt höchste Margen bis 2025

Das Wärmegeschäft wird sich nach Ansicht der Energieversorger bis 2025 zum Geschäftsbereich mit dem höchsten Margenpotenzial entwickeln. Mehr als 70 Prozent planen mit hohen Margen in diesem Segment. Im Bereich der Infrastrukturdienstleistungen stehen Nah- und Fernwärmekonzepte ebenfalls ganz oben, die für Kommunen oder die Wohnungswirtschaft entwickelt und umgesetzt werden. Neben zentralen, integrierten Konzepten lockt auch der klassische Lösungsvertrieb die Versorger. Während die Installation klassischer Wärmepumpen für Privathaushalte als lukrativ gilt, spielt Solar- und Geothermie bei den großen Versorgern und kleineren Stadtwerken insbesondere im Norden von Deutschland eine untergeordnete Rolle.

Nach Kundengruppen differenziert richtet sich der Fokus verstärkt auf Kommunen und öffentliche Einrichtungen, die durch die staatlich verordnete Wärmewende die kommunale Wärmeleitplanung verpflichtend umsetzen müssen. 23 Prozent der Versorger wollen diese Zielgruppe in den kommenden zwei Jahren besonders intensiv adressieren. Damit ist der öffentliche Sektor die aktuell gefragteste Zielgruppe, noch vor der Wohnungswirtschaft – bislang Top eins.

Netzausbaustau bremst Wärmewende aus

„So attraktiv das Wärmegeschäft ist – der Ausbau der klimaneutralen Versorgung ist ein Kraftakt für die Versorger“, bremst Energieexperte Deeg von Horváth den Enthusiasmus. Dessen sind sich auch die Energieversorger bewusst. Gefragt nach den Geschäftsfeldern mit den größten strategischen Herausforderungen, landet Wärme auf dem ersten Platz. „Das Problem dabei sind nicht etwa die Lieferketten, wie man noch vor einigen Monaten hätte erwarten können – Nachfrage und Angebot haben sich angenähert – sondern vielmehr der stockend vorangehende Netzausbau durch Kapazitätsengpässe bei der Planung und Installation der Anlagen sowie im Tiefbau.“

Mehr als die Hälfte der befragten Topführungskräfte von Energieversorgern geben in der Horváth-Studie an, beim Netzausbau den eigenen Zielen hinterherzuhängen. „Für die verstärkte Einspeisung von Erneuerbarer Energie und den Anschluss von Wärmepumpen werden im Netz große Kapazitäten benötigt, die aktuell noch nicht vorhanden sind und dadurch miteinander konkurrieren“, so Matthias Deeg. Um wie von den befragten Unternehmen geplant den Fernwärmeanteil in der Wärmeversorgung bis 2030 von durchschnittlich 19 Prozent auf 30 Prozent zu erhöhen, sind enorme Investitionen und auch personelle Kapazitäten nötig. Die Mehrheit der Versorger gibt an in den nächsten fünf Jahren zehn bis dreißig Prozent mehr ins Wärmenetz investieren zu wollen. Im Stromnetz ist der Investitionsbedarf ebenso gestiegen – dafür wird aber kaum noch in das Gasnetz investiert. Dabei ist das finanzielle Umfeld für die Branche durch teurere Finanzierungskonditionen sowie die gestiegenen Material- und Dienstleistungspreise schwieriger geworden.

Über die Studie

Für die Branchenbefragung „Strategieentwicklung von Energieversorgern 2023“ wurde eine repräsentative Auswahl an Energieversorgungsunternehmen (EVU) in Deutschland und der Region DACH befragt. Die Stichprobe umfasst über 70 Vorstandsmitglieder und Verantwortliche aus den Bereichen Strategie/Unternehmensentwicklung.

Kontakt

Deutschland
ÖffnenSchließen
Österreich
ÖffnenSchließen
Schweiz
ÖffnenSchließen