- Durch konsequente Kostenoptimierung schafft es die Branche ohne EBIT-Verlust und Personalabbau durchs Jahr
- Mit Blick auf 2025 werden sogar leicht steigende Umsätze erwartet
- Wachstum wird nicht mehr durch Export, sondern strukturellen Ausbau im Ausland gesichert
Im vergangenen Jahr musste der Maschinen- und Anlagenbau kräftig Federn lassen und Umsatzrückgänge von zwölf Prozent hinnehmen. „Von 2024 auf 2025 steigt die Kurve aber langsam wieder an“, prognostiziert Horváth-Partner und Industrieexperte Dr. Ralf Sauter. Die Managementberatung hat Ende des ersten Halbjahres mehr als 115 Vorstände und Geschäftsführungsmitglieder großer deutscher Maschinen- und Anlagenbauer sowie Automations- und Elektrotechnikunternehmen befragt. Die Branche erwartet der Studie zufolge, das laufende Jahr durch ohne EBIT-Verlust und Personalabbau durchzustehen. „Das ist Ergebnis knallharter Kostenoptimierung und Automation, die bei den befragten Unternehmen als strategische Priorität gerade ganz oben stehen”, so Sauter. Für 2025 wird eine sich stabilisierende Nachfrage ein leichter Umsatz- und EBIT-Wachstum vorausgesagt.
„Die Läger leeren sich, die Preise stabilisieren sich, und die Auftragslage wird sich zu 2025 wieder spürbar verbessern“, sagt Studienleiter und Horváth-Experte Sauter. Die Unternehmen hätten in der angespannten Lage genau das richtige gemacht: auf maximale Kostenoptimierung und weitere Automation gesetzt. Die Kosten- und Digitalisierungskur ziehen sie in den kommenden Monaten auch weiter durch. Mehr als acht von zehn Unternehmen lassen weiterhin Maßnahmen zur Kostenreduktion laufen, zwei Drittel setzen darauf einen starken strategischen Fokus. Ähnlich viele digitalisieren und automatisieren sich mit Hochdruck weiter, auch mit Unterstützung von KI.
Wachstum durch internationalen Ausbau statt durch Export
Auch wenn die Umsätze der deutschen Maschinenbauer hierzulande zubuche schlagen, findet das personelle Wachstum doch woanders statt. So geben mehr als drei Viertel der untersuchten Unternehmen zu Protokoll, in den kommenden fünf Jahren in Nordamerika wachsen zu wollen, davon 40 Prozent sogar stark. Die Sorge um eine weitere Zunahme von Handelsbarrieren wie Zölle oder Exportbeschränkungen gepaart mit attraktiven Standortbedingungen machen eine starke Präsenz in den großen Märkten der USA und Asien unabdingbar. Wie wichtig Kundennähe und robuste Lieferketten sind, ist in den vergangenen Jahren deutlich geworden. Asien steht ebenfalls weiterhin hoch im Kurs, auch hier planen drei Viertel sich zu verstärken, wobei die Dynamik in China etwas abgenommen hat. In Osteuropa wird ebenfalls kräftig Personal aufgebaut, dies sogar um 67 Prozent. „Gerade für die Verlagerung von Verwaltungstätigkeiten, eignen sich osteuropäische Länder aufgrund der Verfügbarkeit und des Lohnniveaus von Fachkräften“, so Sauter. In Deutschland liegt die Wachstumsbilanz in Sachen „Workforce“ dagegen bei trüben -5 Prozent. „Deutsche Maschinen- und Anlagenbauer stecken nur noch fast 40 Prozent ihrer Investitionen hier ins Land und zwar vor allem bei Forschung und Entwicklung sowie Automation.“ Für diese Themen werden hochspezialisierte Fachkräfte und keine großen Facharbeiterkolonnen benötigt.
Um mit neuen, innovativen Produkten in internationalen Regionen erfolgreich zu wachsen, ist Sauter zufolge entscheidend, die dezentralen Standorte mit mehr Verantwortung und Entscheidungsbefugnis auszustatten – ein klassisches Transformationsthema, was noch an Bedeutung gewinnen wird. Auf diese Weise werden Schnelligkeit und Versorgungssicherheit (funktionierende Lieferketten) gesichert. „Die Unternehmen transformieren sich vom Exportweltmeister zum transnationalen Unternehmen mit dezentralen Strukturen“, sagt Horváth-Partner und Industrieexperte Dr. Ralf Sauter.
Nachhaltigkeit wird wichtiger – anders als in anderen Branchen
Während die nachhaltige Ausrichtung des Unternehmens als Managementthema in fast allen anderen Branchen an Priorität verloren hat, jst es im Maschinen- und Anlagenbau um einen Platz nach oben gerückt. Allerdings verleihen nur 43 Prozent der Befragten dem Thema eine sehr hohe Priorität, und so landet es nur auf Platz fünf der strategischen Prioritäten. Gefragt nach den operativ wichtigsten Themen, liegt CO2-Reduktion direkt hinter Automation aber an zweiter Stelle. „Den Unternehmen geht es um die regulatorischen Pflichten einerseits, vor allem aber auch um Kostenoptimierung andererseits. Circular Economy etabliert sich immer mehr und spart enorme Ressourcen“, so Sauter.
Fachkräftemangel hat sich entspannt
Durch die fortschreitende Automation hat sich der Fachkräftemangel entspannt. Als drängendes operatives Thema ist es um fünf Plätze nach unten gerutscht, als strategisches Thema um zwei Plätze. „Bezahlbares Personal und auch Fachkräfte mit speziellen Kompetenzen werden immer mehr im Ausland gesourct, wo ja auch die Strukturen ausgebaut werden”, sagt Dr. Ralf Sauter von Horváth. Die Entwicklung neuer Geschäftsmodelle spielt für die Unternehmen ebenfalls eine geringere Rolle als vor einem Jahr. „Man spart und konzentriert sich auf seine Stärken, wobei neue digitale Potenziale bestmöglich ausgenutzt werden“, so der Experte.
Skalierte KI-Implementation in vier von zehn Unternehmen
Bei der Integration von KI-Technologie macht der Maschinen- und Anlagenbau stetig Fortschritte. Bereits 40 Prozent der Unternehmen geben an, an einem skalierten Ansatz zu arbeiten. In Umsetzung ist dieser zwar erst in weniger als fünf Prozent der Unternehmen. Dies ist Ralf Sauter zufolge im Schnitt über alle Branchen hinweg aber ein guter Wert. „Die Unternehmen gehen die KI-Transformation in der richtigen Dimension an, und das wird sich auch auszahlen“, ist sich der Industrieexperte sicher.
Über die Studie
Für die großangelegte Horváth-Studie wurden Interviews mit insgesamt über 700 Vorständen und Geschäftsführungsmitgliedern großer international agierender Unternehmen geführt, davon 116 Unternehmen aus dem Maschinen- und Anlagenbau, der Automation und der Elektrotechnik (100 aus DACH). Die Hälfte der in dieser Branche untersuchten Unternehmen beschäftigen mindestens 1.000 Mitarbeitende und erwirtschaften mindestens 1 Milliarde Euro Umsatz im Jahr. Die Interviews wurden im zweiten Quartal 2024 geführt.