Interview Dr. Karlheinz Hörsting, CEO der E.G.O.-Gruppe

„Mit gemischtem Ansatz waren wir zum Go-live vollumfänglich lieferfähig“

Wie unsere brandaktuelle Studie zu SAP S/4HANA-Transformationen in der Praxis zeigt, haben die meisten Unternehmen Schwierigkeiten, bei der Umstellung im geplanten zeitlichen und finanziellen Rahmen zu bleiben. Nicht so die E.G.O.-Gruppe: In einem ambitionierten Projekt hat der Zulieferer für Hausgeräte sein Unternehmen mit 23 Vertriebs- und Produktionsgesellschaften in 19 Ländern erfolgreich auf das neue ERP-System umgestellt. Wie diese Projektdisziplin erreicht werden konnte, warum ein Umschwenken vom Ansatz kein K.o.-Kriterium ist, und welche Bedeutung Change Management in so einem Mega-Projekt hat, berichtet Dr. Karlheinz Hörsting, CEO der E.G.O.-Gruppe, im Interview.

Die E.G.O.-Gruppe hat bereits erfolgreich zum neuen ERP-System SAP S/4HANA transformiert. Welche waren die wichtigsten Ziele der Umstellung?

HÖRSTING Mit der Einführung von SAP S/4HANA im Jahr 2024 haben wir für die E.G.O.-Gruppe (E.G.O.) an 23 Entwicklungs-, Produktions-, und Vertriebsstandorten in 19 Ländern zwei wichtige Ziele verfolgt. Zum einen haben wir mit der neuen ERP-Softwarelösung eine zukunftsfähige, technische Systembasis geschaffen, die als Grundlage für alle digitalen Erweiterungen und zukünftigen technischen Entwicklungen dient. Zum anderen wollten wir unser Projekt nutzen, um Standardisierungen in SAP-Prozessen in größtmöglichen Umfang umzusetzen.  

Wie fällt Ihre erste Bewertung aus, welche Erwartungen haben sich erfüllt bzw. nicht erfüllt?

HÖRSTING Die erste Bewertung fällt sehr gut aus. Wir haben im vorgegebenen Zeitrahmen und Budget SAP S/4HANA erfolgreich eingeführt und waren zum Go-live vollumfänglich lieferfähig. Hier muss ich unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und allen Projektbeteiligten ein großes Lob aussprechen. Das war eine tolle Leistung! An den Standardisierungsmaßnahmen wird derzeit noch weiter mit Hochdruck gearbeitet. Das Risiko wäre einfach zu hoch gewesen, SAP S/4HANA gleichzeitig in 20 Buchungskreisen einzuführen und parallel dazu alle Prozesse und Abläufe zu ändern. 

Bei der Einführung von S/4 stellt sich sehr früh die Frage nach dem Ansatz, etwa Greenfield oder Brownfield. Welchen Ansatz haben Sie gewählt und welchen Einfluss hatte dies Ihrer Einschätzung nach auf den Erfolg des Projekts?

HÖRSTING Zunächst wurde im Steering Committee ein flächendeckender Greenfieldansatz freigegeben, also die Überarbeitung und Standardisierung aller Unternehmensprozesse inklusive der weltweiten Produktionsprozesse. Während der nachfolgenden detaillierteren Konzeptionierung stellte sich dann heraus, dass der gewünschte Änderungsumfang aufgrund der Komplexität in einem Zeitraum von weniger als zwei Jahren und mit den bestehenden Ressourcen nicht machbar gewesen wäre. Deshalb haben die Projektverantwortlichen dann alternativ einen gemischten Ansatz verfolgt. Daher sind Teilumfänge im Brownfieldansatz sowie andere Teilumfänge im Greenfieldansatz umgesetzt worden.

Sie haben die SAP S/4HANA-Transformation „in time and budget“ vollzogen. Was waren die wichtigsten Erfolgsfaktoren und was die größten Herausforderungen im Projekt?

HÖRSTING Erfolgsfaktoren bei der Durchführung eines Projekts gibt es viele. Ich möchte gerne die folgenden herausgreifen: Sie benötigen ein motiviertes Projektkernteam, welches immer lösungsorientiert arbeitet. Das war ganz klar einer unserer Erfolgsfaktoren. Situativ brauchen Sie ergänzend die notwendige Expertise aus der Organisation oder auch von extern. Auch diese haben wir, bei Bedarf, natürlich hinzugezogen. Und die Projektverantwortlichen müssen darauf achten, dass der Zeitplan und die Erreichung der definierten Ziele immer im Fokus stehen. Auch das war gegeben. 

Laut den Projektverantwortlichen aus unserer Organisation, Pia Müller und Andreas Hohmann, waren die in der E.G.O.-Gruppe bestehende Prozessvielfalt und Komplexität sowie der enge Zeitplan von ca. 28 Monaten die größten Herausforderungen. Projektleitung und -team haben sich aber diesen Herausforderungen gestellt und diese mit Bravour gelöst!  

Was sehen Sie als die wichtigsten Aufgaben, die dem Management im Zuge der SAP S/4HANA-Einführung zukommen?

HÖRSTING In der Geschäftsführung ist es bei solch einer Einführung wichtig, das große Ganze zu sehen und Projektentscheidungen natürlich immer im Sinne des Gesamtunternehmens zu fällen. Außerdem darf man nicht vergessen, dass in einem solchen Projekt tiefgreifende Veränderungen in den Unternehmensstrukturen und -abläufen vorgenommen werden. Diese haben Auswirkungen auf die Arbeitsweise von vielen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Deshalb ist es wichtig, ein entsprechendes Change Management zu installieren und auf breiter Basis immer umfänglich und durchgängig zu informieren und auch intensiv zu schulen.

Zu guter Letzt: Welche Ratschläge würden Sie anderen CxOs geben, die eine ähnliche Reise in Betracht ziehen?

HÖRSTING Eine unserer wichtigsten Aufgaben in der Unternehmensführung beziehungsweise im Steering Committee war es, unseren Projektverantwortlichen und den Mitgliedern des Projektteams uneingeschränktes Vertrauen und Rückhalt zu geben. Außerdem haben wir aus der Geschäftsführung heraus in der Organisation immer wieder auf die Wichtigkeit und die einzuhaltende Zeitplanung hingewiesen und deutlich gemacht, wie wichtig die ERP-Umstellung auf SAP S/4HANA für den zukünftigen Erfolg der E.G.O.-Gruppe ist. Die E.G.O.-Gruppe blickt in diesem Jahr mit Stolz auf eine 100-jährige Firmengeschichte zurück, und unser neues S/4-ERP ist ein wesentlicher Meilenstein für weitere erfolgreiche 100 Jahre!

Über Dr. Karlheinz Hörsting
Dr. Karlheinz Hörsting ist CEO der E.G.O.-Gruppe und Mitglied des Vorstands der BLANC & FISCHER Familienholding. Zuvor hat er über viele Jahre zunächst bei der E.G.O.-Gruppe, später bei der BLANC & FISCHER Familienholding die Rolle des COO bekleidet.  

Über die E.G.O.-Gruppe 
Die E.G.O.-Gruppe mit Stammsitz im baden-württembergischen Oberderdingen gilt als einer der weltweit führenden Zulieferer für die globale Hausgeräteindustrie und ist spezialisiert auf Anwendungen in den Bereichen Lebensmittelzubereitung, Induktionskochen, Wäschepflege, Geschirrspülen, Kühlen und Klimalösungen. Weltweit arbeiten bei E.G.O. rund 5.300 Mitarbeitende in 23 Vertriebs- und Produktionsgesellschaften in 19 Ländern. Die E.G.O.-Gruppe ist ein Mitglied der BLANC & FISCHER Familienholding. 

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