Dr. Martin Jara, CEO Schweiz bei Helvetia, im Interview

JARA Oberste Priorität hat – nicht nur momentan, sondern über die Zeit – das Thema Nachhaltigkeit in allen seinen Dimensionen. Wir wollen nachhaltig profitabel wachsen, wir wollen unser Geschäftsmodell nachhaltig ausbauen und transformieren, und wir wollen die ESG-Kriterien nachhaltig in unseren Tätigkeiten etablieren. Von zentraler und weiter zunehmender Bedeutung sind für uns auch die nachhaltige Entwicklung unserer Mitarbeitenden und deren Fähigkeiten.

JARA Thema Wachstum: Wir wollen nachhaltig wachsen, das ist unsere Ambition. Nachhaltig heißt in diesem Zusammenhang: Wir wollen unser Wachstum aus dem Mehrwert für unsere Kundinnen und Kunden – also aus der Customer Convenience – schöpfen. So realisieren wir eine führende Marktposition und machen uns auf den Weg zum Identitätsleader im Schweizer Versicherungsmarkt.

Thema (digitale) Transformation: Bei jeder Veränderung spielt der Faktor Mensch eine zentrale Rolle. Auf der einen Seite unsere Kundinnen und Kunden, die personalisierte und nahtlose digitale und personalisierte Erlebnisse erwarten, auf der anderen Seite unsere Mitarbeitenden. Hier ist es unsere Aufgabe, allen Mitarbeitenden nicht nur die neuen Tools und Prozesse näher zu bringen, sondern auch Mindset und Kompetenzen an die neue hybride Welt anzupassen und – wo notwendig – neues Know-how zu rekrutieren.

Thema Nachhaltigkeit: Wir bauen unser Geschäft auf Vertrauen auf, wobei Verlässlichkeit und Integrität die Basis bilden. Nachhaltigkeit im Handeln bezieht sich für uns auf den Geschäftsbetrieb, unser operatives Versicherungs- und Dienstleistungsgeschäft, das Anlagegeschäft und die Umsetzung in der Governance und der Unternehmenskultur. Die im August letzten Jahres erfolgte ESG-Rating-Anhebung auf «A» durch die unabhängige Ratingagentur MSCI ist eine Bestätigung für unsere systematischen Anstrengungen.

Thema Mitarbeitendenentwicklung: Mittels regelmäßiger Mitarbeiterbefragungen und Rückmeldungen aus dem Linien-Management erkennen wir die Anforderungen und Bedürfnisse unserer Mitarbeitenden sehr genau. Wir können daraus zielgerichtet Angebote und Maßnahmen ableiten, um deren Entwicklung zu fördern und für Helvetia die künftig benötigten Skills zu sichern. Eine wichtige Rahmenbedingung hierzu sind unsere Arbeitsmodelle, die maximale Flexibilität ermöglichen und weit über klassisches Home-Office hinausgehen.

JARA Die anhaltende Digitalisierung des Kerngeschäfts mit Auswirkung auf die gesamte Wertschöpfungskette läuft bereits. Ebenso die zunehmende Verankerung neuer Technologien rund um KI und Data Analytics. Der Fokus wird dabei bei uns zuerst auf der Kunden-Convenience und auf der kontrollierten Entscheidungsunterstützung liegen. Mittelfristig können daraus aber ganz neue Geschäftsmodelle mit neuen Interaktionsoptionen entstehen. Für uns ist zentral, innovativ und zugleich respektvoll und transparent mit den neuen Technologien und ihren Möglichkeiten umzugehen. Wichtig ist daher, die Mitarbeitenden teilhaben zu lassen und so Wissen und Urteilskompetenz aufzubauen. Dies wird das Versicherungswesen als "Haus der hundert Berufe" noch anspruchsvoller und interessanter machen.

JARA Das Thema Cyber-Kriminalität betrifft uns als Versicherungsunternehmen gleich in doppelter Hinsicht. Einerseits, wenn es darum geht, die bei uns gelagerten eigenen Daten wie auch diejenigen unserer Kundinnen und Kunden vor kriminellen Zugriffen zu schützen. Andererseits bieten wir für Privatpersonen und Firmenkunden auch ein Portfolio an Cyberversicherungen an. Basierend auf der Geschäftsentwicklung in diesem Bereich und den Rückmeldungen unserer Kundinnen und Kunden, können wir heute feststellen, dass die Versicherungsindustrie in der Schweiz Einzelrisiken durch punktuelle Cyberkriminalität und -vandalismus gut decken kann. Voraussetzung für eine Inanspruchnahme dieser Angebote sind allerdings entsprechende Investitionen in Prävention und Datensicherheit auf Kundenseite.

Noch nicht gelöst ist aber die Versicherungsdeckung bei großflächigen, systemischen Cyber-Attacken. Hier besteht aktuell in der Schweiz und weltweit eine Lücke im verfügbaren Schutz. Angesichts des riesigen volkswirtschaftlichen Schadenpotenzials bei flächendeckenden Angriffen auf ganze Branchen, Regionen oder kritische Infrastruktur kann meiner Ansicht nach die Prävention und Versicherbarkeit von derartigen Großrisiken nur mit einer Gemeinschaftslösung unter Einbezug von Wirtschaft, Staat und Wissenschaft sichergestellt werden.