Interview mit Stephan Schulz-Gohritz, Finanzvorstand von Mister Spex

„Steigende Erwartungen des Kapitalmarkts machten eine zügige Profitabilitätssteigerung erforderlich. Unser Ziel ist eine EBITDA-Steigerung um mehr als 20 Millionen Euro.“

Der Kapitalmarkt setzt viele Unternehmen unter Druck. Strukturen ändern, Prozesse optimieren und gleichzeitig mit Profitabilitätssteigerungen punkten, kann gerade für internationale Unternehmen eine Herausforderung sein. Mister Spex, einer der führenden Optiker Deutschlands, wagt genau das: Mit dem Transformationsprogramm „SpexFocus“ möchte das Unternehmen mit ambitionierten Plänen in die Zukunft starten. In einem exklusiven Interview gibt Stephan Schulz-Gohritz, Finanzvorstand von Mister Spex, Einblicke, welche Herausforderungen dabei bereits gemeistert wurden, in welchen Unternehmensbereichen das Programm greift und wie das Mister Spex trotz Zeitdruck den Spagat zwischen Internationalisierung des Online-Geschäfts und Stärkung des bestehenden Filialnetzes meistert.

Wie ordnen Sie Mister Spex im Wettbewerb des Optiker-Markts in Deutschland ein?

SCHULZ-GOHRITZ Mister Spex ist Vorreiter des Omnichannel-Ansatzes und kombiniert digitale Innovation mit Expertenberatung vor Ort. Wir bieten das größte Sortiment der Branche und ermöglichen es Kunden, Brillen online zu kaufen oder sich in unseren 65 Stores beraten zu lassen. Unsere Filialen sind zentral für unser Omnichannel-Modell, bieten persönliche Beratung und präzise Sehtests. Wir sind überzeugt von der Bedeutung stationärer Geschäfte, fokussieren jedoch aktuell die Profitabilität und entwickeln unser Filialnetz gezielt weiter. Denn der Optikermarkt verändert sich durch Digitalisierung, vernetzte Services und ein wachsendes Bewusstsein für Augengesundheit. Kunden erwarten Omnichannel-Angebote, und Optiker erweitern ihre Dienstleistungen im medizinischen Bereich.

Ihr Unternehmen startete 2024 das Transformationsprogramm „SpexFocus“. Was waren Auslöser und Hauptziele?

SCHULZ-GOHRITZ „SpexFocus“ wurde gestartet, um die Profitabilität zu steigern und eine nachhaltige Cash-Generierung zu sichern. Die steigenden Erwartungen des Kapitalmarkts machten eine schnelle Umsetzung erforderlich. Unser Ziel ist eine EBITDA-Steigerung um mehr als 20 Millionen Euro. Dafür haben wir unsere internationalen Stores geschlossen, Strukturen gestrafft und Prozesse optimiert. Gleichzeitig verbessern wir unsere Bruttomarge durch angepasste Preismodelle, reduzierte Rabatte und einen klaren Fokus auf margenstarke Eigenmarken wie SpexPro. 

In welchem Unternehmensbereich ist das Programm maßgeblich verankert, welche Bereiche sind involviert?

SCHULZ-GOHRITZ Das Programm „SpexFocus“ ist im Transformations- und Restrukturierungs-Office verankert, wird aber zentral vom gesamten Management-Team gesteuert. Es betrifft alle Unternehmensbereiche – von den Stores über die Logistik bis in die administrativen Funktionen des Unternehmens. Um die Umsetzung effizient zu gestalten, haben wir die Organisation in die Business Units „Online“ und „Offline“ unterteilt und auf prozessorientiertes Arbeiten umgestellt. Dadurch maximieren wir den Kundennutzen und steigern die Effizienz. 

Das Programm SpexFocus läuft noch – wagen Sie trotzdem, für uns ein erstes Fazit zu ziehen?

SCHULZ-GOHRITZ Die ersten Erfolge zeigen, dass die strategische Neuausrichtung greift. Durch die Premium-Positionierung, eine attraktivere Sortimentsstrategie und den Fokus auf Optiker-Expertise – insbesondere durch den Ausbau von Augengesundheitsservices – sehen wir eine positive Performance, besonders im Retailgeschäft in Deutschland. Dies stärkt unsere Marktposition und das Vertrauen unserer Investoren. 

Welche Herausforderungen sind während des Prozesses aufgetreten und wie haben Sie diese gemeistert?

SCHULZ-GOHRITZ Eine große Herausforderung war die schnelle Umsetzung unter hohem Zeitdruck, um das Vertrauen des Kapitalmarkts zu sichern. Wir haben dies durch eine klare Priorisierung, stringentes Change-Management und enge Abstimmung mit allen Stakeholdern gemeistert. Generell sind eine klare Strategie, regelmäßige Kommunikation und ein starker Purpose, mit dem sich die Mitarbeitenden identifizieren, die entscheidenden Erfolgsfaktoren einer Transformation.  

Wie haben Sie denn die Mitarbeitenden in den Prozess eingebunden?

SCHULZ-GOHRITZ Transparente Kommunikation war von Anfang an essenziell – durch regelmäßige Town Halls, Newsletter und persönliche Meetings. Gerade bei der Umstellung der Organisation auf Prozesse sind viele Mitarbeiter im Rahmen von Workshops eingebunden. Zudem bieten wir Feedbackplattformen an. Mitgestaltung stärkt die Identifikation mit den Zielen des Programms, während gezielte Weiterbildungsangebote die Motivation und die Fähigkeit zur Veränderung fördern. 

Wie geht es danach weiter, ist nach der Transformation vor der Transformation? Wo liegen noch Potenziale für Mister Spex, was sind Meilensteine für die Zukunft?

SCHULZ-GOHRITZ Der Markt entwickelt sich weiter, und wir wollen unsere Vorreiterrolle ausbauen. Besonders im Bereich Augengesundheit sehen wir großes Potenzial und entwickeln innovative Serviceangebote für präventive und diagnostische Lösungen. Gleichzeitig treiben wir die Personalisierung unserer Services voran, um sicherzustellen, dass jeder Kunde genau die Sehlösung erhält, die auf seine individuellen Bedürfnisse abgestimmt ist. Zudem setzen wir auf die gezielte Internationalisierung unseres Online-Geschäfts und prüfen strategische Wachstumsoptionen für unser stationäres Geschäft. Priorität hat dabei zunächst die Stärkung der Profitabilität unseres bestehenden Filialnetzes, bevor eine gezielte Expansion folgt. Parallel arbeiten wir daran, unser Omnichannel-Ökosystem weiterzuentwickeln, damit Kunden jederzeit die beste Beratung, Produkte und Services erhalten. Mit diesen Maßnahmen stärken wir unsere Position als „der Optiker deines Lebens“ und setzen neue Standards für eine zukunftsweisende, kundenorientierte Optik. 

Über Stephan Schulz-Gohritz

Stephan Schulz-Gohritz verantwortet als CFO die Finanzgeschäfte von Mister Spex, einschließlich M&A. Zudem war er von August 2024 bis März 2025 alleiniger Vorstandsvorsitzender des Berliner Brillenhändlers. Bevor er zu Mister Spex kam, sammelte er bereits zwei Jahrzehnte Erfahrung als Vorstand in börsennotierten Unternehmen, so etwa beim Medizintechnikunternehmen Biotronik und dem Medizinartikelhersteller Hartmann. Schulz-Gohritz verfügt über mehr als 20 Jahre Erfahrung in der Entwicklung von Unternehmen und belegt einen langjährigen Trackrecord in der strategischen Unternehmensentwicklung, sowohl organisch als auch durch Zukäufe und Übernahmen, in der Leitung von Turnarounds und im Aufbau starker Teams.

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