Innovation in disruptiven Zeiten

Eroberung
der Zukunft

In diesen schnelllebigen Zeiten der digitalen Transformation müssen Manager den Wandel gestalten. Vordenker sind gefragt, die Veränderungen als Chance verstehen und Innovation als Katalysator für Wachstum nutzen. Mit einer individuellen Innovations-DNA sichern sie als Architekten der Zukunft langfristig den Erfolg ihrer Organisation.

Die Welt dreht sich so schnell wie noch nie und das Tempo zieht weiter an. Globalisierung, Digitalisierung und die Entwicklung bahnbrechender Technologien katapultieren uns in ein neues Zeitalter. Vieles, was gestern noch Zukunftsvision war, ist heute schon Realität. Selbstfahrende Autos, Häuser aus dem 3-D-Drucker, Algorithmen, die automatisiert Prognosen erstellen, und Roboter mit künstlicher Intelligenz revolutionieren Alltag wie Geschäftswelt.

„Neue Produktions-, Informations- und Kommunikationstechnologien prägen und verändern unsere Umwelt in einer Geschwindigkeit, die noch vor wenigen Jahren undenkbar gewesen wäre. Die gesteigerte Anzahl an Veränderungen macht es zudem schwieriger, diese zu bewerten und auf die richtigen Pferde zu setzen“, sagt Sebastian Ley, Leiter Innovation bei Horváth & Partners. Zwar haben technologische Neuerungen seit jeher den Fortschritt beflügelt, doch heute kommen sie geballt auf uns zu – ob künstliche Intelligenz, das Internet der Dinge oder die Blockchain.

WELT IM WANDEL

Das Besondere dabei: Jede dieser Technologien hat bereits für sich genommen das Potenzial zur radikalen Veränderung von Produkt- und Serviceangeboten, ja sogar von ganzen Branchen. Das parallele Auftreten gleich mehrerer solcher Entwicklungen potenziert die Geschwindigkeit und das Ausmaß des Wandels. „Alles, was digitalisiert werden kann, wird digitalisiert“, sagte Carly Fiorina, die frühere Chefin von Hewlett-Packard, bereits vor Jahren und zeigte damit die Dimension der Veränderung auf.

In einer immer komplexeren und enger vernetzten Welt sehen sich sowohl multinational agierende Konzerne als auch regional tätige Unternehmen plötzlich der Konkurrenz von Start-ups gegenüber und müssen mit deren Tempo Schritt halten. Neue Wettbewerber mit sehr spezifischen Leistungsversprechen oder plattformbasierten Ansätzen gefährden traditionelle, kapitalintensive Geschäftsmodelle. Gründe genug für Unternehmen und Organisationen, ihre Position in der Wertschöpfungskette zu überdenken und zu hinterfragen. Denn die bisherigen Industriestrukturen lösen sich auf. Heute kommt es weniger auf den Besitz und die Kontrolle physischer Ressourcen als auf Informationen an. Gleichzeitig schrumpfen die Transaktionskosten speziell für den Austausch und die Verarbeitung von Daten, deren Bedeutung drastisch steigt. „Neben den sich verändernden Kundenbedürfnissen ist der technologische Wandel ein wichtiger Treiber für die Innovationsarbeit“, betont Sebastian Ley.

RAUS AUS DER KOMFORTZONE

Wer in dieser Phase die Möglichkeiten der digitalen Transformation als Chance begreift, kann den Wandel aktiv mitgestalten. Es schlägt die Stunde der Vordenker und Innovatoren. Mehr denn je spielen strategische Vorausschau und Innovationsarbeit heute eine Schlüsselrolle, wenn es darum geht, Wachstumspotenziale zu erschließen und den Unternehmenserfolg nachhaltig zu sichern.

Dabei innovieren die erfolgreichsten Unternehmen gezielt in Zeiten des Booms. Denn kurzfristige, aus einer Krise motivierte Aktionen schaden einer strategischen Innovationsarbeit. „Wenn wir erfolgreich innovieren wollen, müssen wir gegen Shareholder Value, kurzfristige Incentivierungsmodelle und in Teilen auch gegen unsere vorgeprägten Denk- und Handlungsmuster arbeiten“, betont Sebastian Ley. In Zeiten, in denen es hervorragend läuft, geht die Veränderung meist nicht über ein Lippenbekenntnis hinaus.

Zudem zeichnen sich erfolgreiche Unternehmen durch ihre Dualität im Innovationsmanagement aus. Sie erkennen, wann eine Idee im bestehenden Geschäftsmodell umgesetzt werden kann und wann neue Strukturen erforderlich sind. Radikale neue Ideen erfordern es, die Aufbau- und Ablauforganisation an das neue Wertversprechen anzupassen, statt sie mit der bestehenden Organisationsform erschließen zu wollen, in welcher sie zu ersticken drohen. Oftmals werden größere Veränderungen aber mit einem hohen Risiko assoziiert. Diese Haltung wirkt als Hemmschuh für jegliche Innovation. Neuland zu betreten heißt nicht, ein unkalkulierbares Risiko einzugehen. Risiken lassen sich steuern und jedes Risiko bietet die Chance auf Erfolg. „Viele verwechseln die Unsicherheit, die das Neue und Unbekannte erzeugt, mit den Konsequenzen eines potenziellen Scheiterns“, sagt Sebastian Ley.

ALLES, WAS DIGITALISIERT WERDEN KANN, WIRD DIGITALISIERT.

WEITSICHT MIT SZENARIEN

Kommende Veränderungen vorauszudenken, nimmt Unsicherheit. Präzise Vorstellungen von der Zukunft sind die Voraussetzung für eine strategische Führung und zielgerichtetes Handeln von Managementteams. Statt Vergangenes fortzuschreiben, gilt es, technologische und gesellschaftliche Entwicklungen frühzeitig zu antizipieren und zu konsistenten Zukunftsbildern zusammenzuführen. Denn historische Gewinne und Geschäftsmodelle sind kein Garant für künftige Erfolge. Zwar ist es eine weitaus größere Herausforderung, sich aktiv mit der Zukunft auseinanderzusetzen als mit der Gegenwart. Doch in der strategischen Innovationsarbeit geht es nicht um Vorhersagen, sondern darum, als Führungskollektiv eines Unternehmens die Zukunft mit möglichen Alternativen vorauszudenken.

Wer die Möglichkeiten der digitalen
Transformation als Chance versteht,
kann den Wandel aktiv gestalten.

Neben den regelmäßigen modischen Veränderungen von Managementansätzen hat sich die Szenariotechnik bei vielen Unternehmen und Organisationen als ein langfristiges Führungsinstrument für die Innovationsarbeit etabliert. Mit dieser Methode machen Manager, Politiker und Militärstrategen bereits seit mehr als einem halben Jahrhundert die Zukunft greifbarer. Szenarien schaffen Leitbilder, um sich an den Anforderungen und Möglichkeiten von morgen zu orientieren. Der Hausgerätehersteller Miele beispielsweise generierte mithilfe der Szenariotechnik Vorstellungen von der Zukunft des Kochens als Grundlage für vorausschauende Entwicklungsentscheidungen. Technologie ist heute allgegenwärtig. Dieser Trend trägt dazu bei, dass Hightech-Elemente im Haushalt zunehmend unsichtbar werden und als „Shytech“ im Hintergrund wirken.

6 Tipps für erfolgreiches Innovieren

DAS GESCHÄFT VON MORGEN GESTALTEN

Kern der Methode ist es, in Alternativen zu denken und auf Basis von Szenarien zu handeln. Erarbeitet werden diese idealerweise in einer möglichst heterogen zusammengesetzten Projektgruppe außerhalb der gewohnten Arbeitsumgebung. In offener Diskussion reflektieren und beschreiben die Teilnehmer, wie sich verschiedene Einflussfaktoren auf ihre Organisation entwickeln könnten, und überführen in einem systematischen Prozess strategisch relevante Fakten in eine neue Wahrnehmungswelt.

Der Vorteil liegt auf der Hand: Unternehmen, die sich intensiv mit plausiblen, wenn auch aus heutiger Sicht nicht wahrscheinlichen Entwicklungsmöglichkeiten beschäftigen, stellen gewohnte Denkmuster und Überzeugungen auf den Prüfstand. Sie verankern den Wandel in der Unternehmenskultur und schaffen es auf diese Weise früher als ihre Wettbewerber, auf Veränderungen im Umfeld zu reagieren und ihr etabliertes Geschäft durch Innovationen abzusichern.

NEUE WERKZEUGE SIND GEFRAGT

Der Blick in die Zukunft gehört zum „Handwerk der Innovation“, das Führungskräfte beherrschen sollten. In den vergangenen zehn Jahren haben die meisten Unternehmen ihr Innovationsmanagement institutionalisiert, doch die Prozesse sind vielfach zu langsam, um mit dem immer dynamischeren Transformationstempo mitzuhalten. Das Innovationsmanagement muss heute deutlich agiler sein, die Werkzeuge und Methoden sind entsprechend anzupassen. Gleichzeitig nimmt die strategische Bedeutung der Innovationsarbeit zu, sodass es mehr denn je auf die Führung durch das Management ankommt.

Manager gestalten den Wandel. Als Architekten der Zukunft müssen sie sich nicht nur klar darüber werden, warum sie innovieren wollen, sondern auch wo und wie. Diese drei Fragen sind für erfolgreiche Innovationsprozesse zentral. Auf dem Prüfstand steht dabei zunächst die Robustheit des aktuellen Geschäftsmodells mit Blick auf die möglichen Szenarien der Zukunft. Hier gilt es insbesondere herauszukristallisieren, wo sich die Organisation künftig positionieren und mit welchem Wertversprechen sie welche heutigen und künftigen Kundenprobleme lösen will. Und anschließend geht es darum zu entscheiden, wie und mit welchen Werkzeugen die Innovationsarbeit zum Erfolg geführt werden soll.

Treiber des Wandels

ARBEITSTEILUNG IM ÖKOSYSTEM

Heute reicht es nicht mehr aus, mit neuen Produkten und Services zusätzliche Umsätze zu generieren oder dank effizienterer Prozesse Kosten zu senken. Die Herausforderungen bestehen darin, sowohl anlagenintensive Geschäftsmodelle zu digitalisieren als auch mit ergänzenden Marktleistungen rund um das Kerngeschäft Kundenbedürfnisse ganzheitlich zu bedienen und zusätzliche Ertragsströme zu erschließen. Gefragt sind neue, radikale Wertversprechen, die zügig umgesetzt werden können.

„Unternehmenslenker stehen vor der Aufgabe, ihr bestehendes Geschäftsmodell samt seiner Strukturen zu transformieren und gleichzeitig disruptive Innovationen zu schaffen“, sagt Sebastian Ley. Erfolgreiche Organisationen setzen sich daher intensiv mit Geschäftsmodell- und Ökosysteminnovation auseinander. Unternehmen müssen heute nicht mehr alles aus eigener Kraft schaffen. Sie können neue Marktleistungen oder eine bessere Wertschöpfung auch gemeinsam mit strategischen Partnern innerhalb eines Ökosystems realisieren und so flexibel auf sich verändernde Marktgegebenheiten reagieren.

Methodisch treten zunehmend radikalere, disruptive Ansätze neben das traditionelle, schrittweise Innovieren, bei dem eine Idee den klassischen Stage-Gate-Prozess durchläuft und an den Übergängen in eine neue Phase jeweils eine Entscheidung über das weitere Vorgehen gefällt wird. Solche disruptiven Ansätze ermöglichen eine höhere Geschwindigkeit der Innovation. Dazu zählen die Open Innovation, bei der externe Stakeholder in den Innovationsprozess einbezogen werden, ebenso wie Inkubatoren als „Brutstätten“ von Neuerungen oder Accelerator-Modelle, die Ideen schneller zur Marktreife bringen.

 

DAS BESTEHENDE GESCHÄFTSMODELL TRANSFORMIEREN UND DISRUPTIVE INNOVATIONEN SCHAFFEN.

DIE DNA DER INNOVATION

Erfolgreiches Innovieren orientiert sich konsequent am Markt und setzt gezielt auf die Kernkompetenzen des eigenen Unternehmens hinsichtlich Technologien, Marke, Prozessen und Kundenzugängen. Keine einzige Innovation ist jemals ausschließlich im Forschungslabor, an der Universität oder in der Entwicklungsabteilung entstanden. Dort entstehen Ideen, Erfindungen und Prototypen, von denen sich Innovationen durch ihren Markterfolg unterscheiden. Wie Unternehmen ihre Innovationsarbeit gestalten, welche Werkzeuge und Mechanismen sie nutzen, ist individuell verschieden und hängt stark von der kulturellen DNA der jeweiligen Organisation ab. Auch die vorherrschenden Innovationsstrukturen spielen eine wichtige Rolle, sprich: Wird Innovation eher durch das Marketing oder durch die Entwicklungsabteilung getrieben?

Patentrezepte für erfolgreiches Innovieren
gibt es nicht. Jedes Unternehmen muss
hierfür seine individuelle DNA entwickeln.

Ein Patentrezept, mit dem alle Unternehmen erfolgreich innovieren, gibt es nicht. Jedes Unternehmen muss seine eigene Innovations-DNA entwickeln. Es gilt, den Blick in die Zukunft zu wagen, bevor bei der Strategieentwicklung die Richtung der Innovationsarbeit festgelegt und diese durch ein ganzheitliches Innovationsmanagement von der ersten Idee bis zur Umsetzung gesteuert werden kann. Mit einem modernen Ansatz, der sowohl die Transformation des Bestandsgeschäfts als auch radikale Neuerungen unterstützt, können Unternehmen in Zeiten des Umbruchs volle Kraft voraus in eine erfolgreiche Zukunft starten.

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