Der digitale Wandel stellt Unternehmen vor die Aufgabe, ihr bestehendes Geschäftsmodell zu transformieren und gleichzeitig völlig neue, radikale Wertversprechen zu entwickeln. Die Ökosystem-Innovation bietet ihnen dabei die Möglichkeit, weitreichende Neuerungen gemeinsam mit strategischen Partnern zu realisieren. Davon profitieren die Kunden ebenso wie alle beteiligten Akteure.
Wer mit Innovationen erfolgreich sein will, muss vorausdenken, Entscheidungen treffen und sich vernetzen. Zunächst gehört der Blick in die Zukunft zum Pflichtprogramm innovativer Unternehmen. Denn nur mit einer Vorstellung von kommenden Herausforderungen und Chancen können sie ihre Innovationssuchfelder herleiten. Diese bilden den Rahmen, um neue Produkte, Dienstleistungen und Geschäftsmodelle zu identifizieren. Dabei lebt herausragende Innovationsarbeit von einem klaren Profil. „Manager müssen sich sowohl bewusst für als auch bewusst gegen bestimmte Innovationssuchfelder und Ideen entscheiden“, sagt Jörg Schönhärl, Partner bei Horváth & Partners. „Nur so können sie Stärken bündeln, Synergieeffekte erzielen und vermeiden, dass ihre Organisation mit der Innovationsarbeit überfordert wird.“ Unternehmen sind gut beraten, ihre Ressourcen nur in Suchfelder zu investieren, die für ihr Zukunftsszenario den größten Erfolg versprechen.
NEUE GESCHÄFTSMODELLE GESUCHT
Üblicherweise ist das Innovationsmanagement zum einen auf neue Produkte und Services ausgerichtet, um durch Top-Line-Effekte zusätzliche Umsätze zu generieren. Zum anderen stehen bessere und effizientere interne Prozesse im Fokus, um durch Bottom-Line-Effekte höhere Erträge zu erzielen. Doch in Zeiten des Wandels muss moderne Innovationsarbeit über dieses Standardrepertoire hinausgehen und weitaus strategischer sein. Heute treibt eine Vielzahl bahnbrechender Technologien die Transformation der Geschäftswelt voran. Das zeigt sich unter anderem im Trend zur Dezentralität oder durch das Ablösen physischer Ressourcen durch digitale. Auch die Art des Arbeitens verändert sich hin zum „New Work“ mit agilen, temporären und zweckgebundenen Organisationsformen. Diese Veränderungen bringen neue Wettbewerber auf den Plan. Unternehmen, die ihren Erfolg sichern wollen, müssen daher ihr bestehendes Geschäftsmodell transformieren und neue Wertversprechen entwickeln.
MANAGER MÜSSEN SICH SOWOHL BEWUSST FÜR ALS AUCH BEWUSST GEGEN BESTIMMTE INNOVATIONSSUCHFELDER UND IDEEN ENTSCHEIDEN.
INNOVIEREN IM ÖKOSYSTEM
Dabei bietet die Ökosystem-Innovation die Chance, Neuerungen gemeinsam mit strategischen Partnern zu realisieren. Analog zu Ökosystemen in der Natur profitieren bei ihren Pendants in der Geschäftswelt alle Beteiligten davon, sich rund um ein führendes Unternehmen zusammenzutun. Auf Basis einer Plattform, die dieses Unternehmen bereitstellt und steuert, bringen die Akteure ihre spezifischen Fähigkeiten und Ressourcen in ein ganzheitliches Angebot ein. Ziel ist es, die Wertschöpfung und die Marktleistung des führenden Unternehmens zu verbessern. So deckt die HUK-Coburg, die größte Kfz-Versicherung Deutschlands, mithilfe von Ökosystem-Partnern inzwischen immer mehr Kundenbedürfnisse rund ums Auto ab – etwa Kauf, Finanzierung und Reparatur.
Bei der Entwicklung eines Ökosystems sind die zentralen Fragen des Innovationsmanagements zu beantworten: Welchen Grad der Robustheit hat das heutige Geschäftsmodell? Wo wollen wir uns positionieren? Wie setzen wir dies um? Wie generieren wir einen nachhaltigen „Lock-in-Effekt“? Auf welche Art und Weise wollen wir im Ökosystem Geld verdienen? Welche Geschäftspartner sind die geeigneten für unsere Zielkunden? Wie kann das MVP (Minimum Viable Product) des geplanten Ökosystems aussehen?
BREITERES ANGEBOT, TIEFERE WERTSCHÖPFUNG
Grundsätzlich gibt es zwei Strategien für erfolgreiche Ökosystem-Innovationen. Die erste zielt auf kundenorientierte Innovationen ab, welche die Wertschöpfung horizontal erweitern. Ökosysteme im Bereich der Customer Journey integrieren daher Marktleistungen von Dritten, um die Kundenerfahrung zu verbessern. Die zweite Strategie fokussiert fähigkeitsgetriebene Innovationen, welche die Wertschöpfung vertikal erweitern. Mit Ökosystemen im Bereich der Wertschöpfungskette binden Unternehmen gezielt Partner ein, um die Kundenerfahrung mit erweiterten Fähigkeiten und mehr Wertschöpfungstiefe zu optimieren. Durch die Kombination beider Strategien entstehen hybride Ökosysteme. Diese binden externe Ressourcen sowohl für eine breitere Marktleistung als auch für eine tiefere Wertschöpfung ein. Der Horváth & Partners Ecosystem Canvas, der die wesentlichen Komponenten aufzeigt, unterstützt die Entwicklung des passenden Geschäftsmodellsystems.
Ökosystem-Innovationen können
sowohl das Marktleistungsangebot
als auch die Wertschöpfungskette
eines Unternehmens verbessern.
Klar ist: Zukunftsorientierte Innovationsarbeit erfolgt heute vielfach vernetzt, wie zahlreiche Beispiele zeigen. Dazu zählt die Initiative „Universal Home“. Hier haben sich Unternehmen wie Dornbracht, Medion, Poggenpohl, Schott und WMF zusammengeschlossen, um gemeinsam die Zukunft des Lebens und Wohnens zu gestalten. „Im Zeitalter der Plug-and-play-Geschäftsmodelle können Unternehmen gemeinsam oftmals mehr erreichen als im Alleingang“, sagt Jörg Schönhärl. „Dies ist ein großer Anreiz für die Ökosystem-Innovation.“
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Jörg Schönhärl