Artikel

Das moderne Spannungsfeld – wie man nachhaltig nachhaltige Produkte entwickelt

Gehen Aufträge zurück und werden Umsatzziele nicht erreicht, setzen viele Unternehmen ihre Prioritäten neu. Ob Herstellungs- und Gemeinkosten reduzieren oder Effizienz und Effektivität der Kernprozesse steigern: Klassische Themen rücken dann wieder stärker in den Vordergrund. Nachhaltige Produkte und Prozesse treten dagegen in den Hintergrund. Denn sie gehen häufig zunächst mit einer erhöhten Kostenbasis einher und werden, so zumindest die Wahrnehmung, nur teilweise von Kundinnen und Kunden honoriert. Warum also sollten Unternehmen ihren Fokus auf die Entwicklung nachhaltiger Produkte legen?

Nachhaltigkeit – jetzt!

Es gibt zahlreiche Aspekte, warum das Thema Nachhaltigkeit unbedingt auf die Agenda der Produktentwicklung gehört – und das unabhängig von der wirtschaftlichen Lage. So zwingen immer strengere regulatorische Vorgaben Unternehmen dazu, ihre Emissionen zu reduzieren und nachhaltiger zu wirtschaften. Gleichzeitig verändern sich die Erwartungen von Kundinnen und Kunden. Sie legen zunehmend Wert auf umweltfreundliche Produkte und darauf, dass Unternehmen nachhaltige Anforderungen erfüllen – ein Trend, der sich in Zukunft noch verstärken wird. Auch der Innovationsdruck wächst: Unternehmen, die frühzeitig auf Nachhaltigkeit setzen, sichern sich Wettbewerbsvorteile. 

Möchten Unternehmen also langfristig rentabel wirtschaften, müssen sie schon heute nachhaltige Strategien verfolgen und diese tief in ihrer Unternehmenssteuerung verankern. Das klassische Spannungsdreieck aus Qualität, Time-to-Market und Kosten wird damit um die Maxime der Nachhaltigkeit erweitert. 

Wie wird die Integration dieser Nachhaltigkeitsaspekte operationalisiert?

Die zentrale Herausforderung liegt sicher darin, das Spannungsfeld zwischen der Schaffung eines echten Beitrages zum nachhaltigen Wirtschaften und dem vom Kunden wahrgenommenen Nutzen entsprechender Maßnahmen aufzulösen. So gelingt beispielsweise die nachhaltige Dekarbonisierung aller Produkte des Portfolios nur, wenn diese parallel mit einem für die Kundinnen und Kunden geschaffenen Mehrwert erfolgt. Zumindest sollten dabei alle bisherigen Kundennutzendimensionen erhalten bleiben. 

Ein weiterer Aspekt ist zudem die Abkehr von der klassischen linearen Wertschöpfungskette – Produktion, Nutzung und Entsorgung – hin zu einer zirkulären Wertschöpfung. Dies beinhaltet etwa die Wiederverwendung, die Reparatur und das Recycling von Produkten. Unternehmen können auf diese Weise ihr klassisches Geschäftsmodell ergänzen und ausweiten. Ein Beispiel für ein nachhaltiges Geschäftsmodell ist das Prinzip der Sharing Economy: Unternehmen verkaufen Produkte nicht, sondern vermieten diese – mit völlig neuen Kundennutzenpotenzialen.  

 Unternehmen sollten sich daher fragen, wie sie ihre Marktposition trotz oder gerade durch den Fokus auf Nachhaltigkeit verbessern können und welche Rolle sie im Wettbewerb einnehmen wollen. Hier empfehlen wir ein ganzheitliches Vorgehen entlang dieser drei Säulen:  

Erste Säule – Portfolio 
Bei der ersten Säule geht es um eine nachhaltige Produktportfoliostrategie, die die Kundenbedürfnisse im Blick hat. Hier wird der übergreifende Rahmen gespannt, um die Nachhaltigkeitskriterien umsetzen zu können. Unternehmen definieren ein nachhaltiges, die Nachhaltigkeitsziele berücksichtigendes Geschäftsmodell und leiten das Produktportfolio ab. Low-Carbon-Technologien und zukünftige Markttrends sind für ein langfristig stabiles und nachhaltiges Portfolio bedeutsam. 

Zweite Säule – Produkt 
Die zweite Säule befasst sich mit den Produkten selbst. Für deren Entwicklungsprozess sind zielgerichtete Maßnahmen relevant, die die Nachhaltigkeitskriterien berücksichtigen. So ist beispielsweise der Produktdesignprinzipien-Katalog um nachhaltige Vorgaben zu erweitern, sodass Unternehmen bei jeder Neuentwicklung die entsprechende Konformität mit diesen Maßgaben gewährleisten können. Stichwort: Zero-Waste-Design, nachhaltige Materialien, Wasserverbrauchreduktion oder Langlebigkeit von Produkten. 

Dritte Säule – Prozess 
In der dritten Säule stellen Unternehmen sicher, dass Nachhaltigkeit in die Organisation und den Produktlebenszyklus vollumfänglich integriert wird. Klassische Prozesse sind auf Circularity ausgerichtet oder entsprechend erweitert. Zudem werden die Nachhaltigkeitsziele durch Steuerung und Reporting entlang dedizierter KPIs eingehalten. Wichtig ist, den Produktlebenszyklus ganzheitlich zu betrachten. Hierfür binden Unternehmen ihre Lieferanten mit ein und bauen ein Life Cycle Assessment auf. 

  
Basis für die drei Säulen ist, dass diese klassischen Dimensionen mit Blick auf Nachhaltigkeit vorhanden sind: 1. eine passende Datenbasis und KPI-Landschaft, 2. geeignete Reporting-Strukturen und Governance-Logiken und 3. das Skill- und Mindset zur Entwicklung nachhaltiger Produkte und Strategien. 

Fazit: Der Weg zur nachhaltigen Produktentwicklung

Nachhaltigkeit in der Produktentwicklung erfordert einen ganzheitlichen Ansatz, der alle Aspekte des Produktlebenszyklus berücksichtigt. Unternehmen müssen ihr Portfolio und ihre Prozesse anpassen, um nachhaltige Produkte anbieten zu können und gleichzeitig wirtschaftlich erfolgreich zu sein. Entscheidend für den langfristigen Erfolg ist, Nachhaltigkeitsprinzipien in die Unternehmensstrategie zu integrieren und sich an neue Marktanforderungen kontinuierlich anzupassen. Unsere Projekthistorie zeigt, dass eine nachhaltige Produktentwicklung möglich und auch profitabel ist. Unternehmen sollten jetzt handeln, die Chancen der Nachhaltigkeit für sich nutzen und so Wettbewerbsvorteile sichern. 

Stoffel, M. /  Meyer, S.