Welche strategischen Prioritäten stehen bei der Sparkasse Bremen aktuell im Fokus – und wie geht das Unternehmen diese an? Welchen Impact werden KI-Anwendungen künftig haben? Diese und weitere spannende Fragen beantwortet Pranjal Kothari, Vorstandsmitglied und Chief Digital Officer der Sparkasse Bremen, im Interview.
Herr Kothari, welche strategischen Prioritäten stehen bei Ihnen momentan ganz oben auf der Management-Agenda?
KOTHARI Wir befinden uns inmitten einer konsequenten kulturellen und digitalen Transformation, weshalb diese für uns eine strategische Top-Priorität darstellt. Sie betrifft das ganze Themenspektrum von „wer sind wir eigentlich?“, „welches Geschäftsmodell werden wir in fünf Jahren haben?“, bis hin zu „welche Menschen und Technologien brauchen wir, um das Ziel-Geschäftsmodell umzusetzen?“.
Welche Aspekte stehen in diesen genannten Themen bei Ihnen jeweils im Vordergrund und was sind Ihre Herangehensweisen?
KOTHARI Wir planen beispielsweise, alle unsere wesentlichen Prozesse bis 2024 weitestgehend zu digitalisieren. Um mit den damit einhergehenden Veränderungen Schritt halten zu können sowie sicherzustellen, alle Mitarbeitenden diesbezüglich „abzuholen“, haben wir uns auch organisatorisch komplett transformiert. Dieser Kulturwandel ist allerdings noch lange nicht abgeschlossen und wird uns sicherlich noch einige Zeit beschäftigen.
Wie schätzen Sie den mittel- bis langfristigen Impact von KI-Anwendungen auf Ihr Unternehmen ein?
KOTHARI Ich bin davon überzeugt, dass die Welt künftig durch KI-Anwendungen sehr anders aussehen wird. Insbesondere auf unsere Wertschöpfungsketten sowie unser Service-Portfolio werden KI-Anwendungen einen großen Impact haben. Um nur ein Beispiel zu nennen: In einigen Jahren wird der größte Teil aller Kreditentscheidungen maschinell getroffen – und wir werden uns die Frage stellen, wie es jemals anders sein konnte.
Welche Maßnahmen verfolgt Ihr Unternehmen, um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken?
KOTHARI Durch unsere neue Organisationsstruktur ohne Führungskräfte haben Mitarbeitende sehr viel Gestaltungsspielraum und Entwicklungsmöglichkeiten. Zudem haben wir massiv in neue Gebäudekonzepte und Arbeitsplätze investiert. Zusätzlich bieten wir flexible Arbeitsmodelle für unsere Mitarbeitenden, um ihnen die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu ermöglichen. Selbstverständlich investieren wir zudem enorm in die Digitalisierung, um administrative Prozesse zu automatisieren und damit unseren Mitarbeitenden mehr wertvolle Zeit für die Kunden zu ermöglichen.
Wie bewerten Sie das Umfeld in Deutschland hinsichtlich Regulatorik/ Protektionismus?
KOTHARI Seien wir ehrlich: Auch wenn wir Banker berufsbedingt immer auf die Regulatorik schimpfen – es ist die Regulatorik, die uns wie eine Festung vor Angriffen schützt, und sogar unser Geschäftsmodell gegen die billionenschweren BigTechs und die zahlreichen FinTechs am Leben hält.
Ein einfaches Beispiel: Was könnte etwa Apple – mit 300 Mrd. Dollar freier Liquidität, einem Hang zur Disruption von klassischen Geschäftsmodellen und einer massiv loyalen Kundenbasis – anrichten, wenn das Unternehmen nicht Gefahr laufen würde, sein gesamtes Kerngeschäft durch die Bankregulatorik zu „infizieren“?
Über Pranjal Kothari:
Pranjal Kothari ist seit 2019 Generalbevollmächtigter der Sparkasse Bremen und seit September 2020 Mitglied des Vorstandes/Chief Digital Officer. Zuvor war er Geschäftsführer bei Deutsche Fintech Solutions und bei PlanetHome. Weitere Berufsstationen des 46-Jährigen sind UniCredit/HypoVereinsbank, Deutsche Börse und Boston Consulting Group.