Fast alle Unternehmen arbeiten aktuell daran, sich nachhaltiger auszurichten. Die anhaltende Krise erschwert jedoch bei vielen die Umsetzung ihrer ambitionierten Ziele. Christine Steger, Geschäftsführerin des Kosmetikherstellers MANN & SCHRÖDER COSMETICS, erläutert im Interview, wie das Familienunternehmen auf diesem Gebiet dennoch einen großen Sprung nach vorne macht – und worauf es hierbei ankommt.
Mit ihrer hohen Ressourcenintensität hat die produzierende Industrie eine besondere Verantwortung für die Umwelt – aber auch besonders große Hebel, um die Zukunft der Produktion nachhaltiger zu gestalten. Wo liegen die größten Potenziale?
STEGER Das meiste können wir bei unseren Produkten selbst bewirken, indem wir uns für ökologische Rohstoffe und nachhaltige Verpackungen entscheiden. In umfangreichen Analysen haben wir in Zusammenarbeit mit Fachexpertinnen und -experten, Universitäten und Hochschulen herausfinden können, welche Rohstoffe und welche Packmittel die Haupttreiber für unsere Emissionen sind. Diese können wir nun gezielt verbessern oder austauschen, sodass das Endprodukt so nachhaltig wie möglich ist. In der Herstellung setzen wir auch alles daran, Wasser und Energie einzusparen, allerdings sind uns hier als produzierendes Unternehmen auch gewisse Grenzen gesetzt.
Inwieweit wird es Ihrer Ansicht nach im laufenden Jahr, das weiter von Krisen betroffen ist, möglich sein, bei Nachhaltigkeitszielen einen großen Sprung nach vorne zu machen?
STEGER Nachhaltigkeit haben wir fest in unserer Strategie verankert, sodass wir kontinuierlich unsere Ziele diesbezüglich weiterverfolgen. Natürlich hat es die Krise nicht leichter gemacht und manches Vorhaben durch Lieferengpässe im Bereich Rohstoffe und Verpackungen gebremst. Dennoch konnten wir in den letzten drei Krisenjahren vieles umsetzen, wie zum Beispiel die Herstellung fester Kosmetik und das Erschließen eigener Verpackungsquellen aus Rezyklat aus dem gelben Sack. Und so werden wir auch dieses Jahr weitermachen und unsere Nachhaltigkeitsprojekte Schritt für Schritt umsetzen.
Nachhaltigkeit wird oft mit einem hohen Kostenaufwand bzw. Abstrichen beim Gewinn assoziiert. Gerade vor dem Hintergrund der Preissteigerungen bei Rohstoffen und Energie schränkt das den Handlungsspielraum ein. Wie bewerten Sie dieses Spannungsfeld?
STEGER Auf der einen Seite sind wir von unserer Überzeugung angetrieben, etwas Wichtiges für unseren Planeten zu tun, und damit auch bereit, höhere Kosten zu tragen. Denn als Unternehmen tragen wir eine große Verantwortung gegenüber der Umwelt und den Menschen und schauen weiter als nur auf den kurzfristigen Profit – auch wenn wir natürlich wirtschaftlich arbeiten müssen. Was aber oft nicht gesehen wird: Nachhaltigkeit kann auch Geld einsparen – beispielsweise, wenn wir uns die gesamte Wertschöpfungskette anschauen und ermitteln, wo wir Wasser, Abfall und Energie weiter einsparen können.
Viele Unternehmen lassen sich in puncto Nachhaltigkeit von regulatorischen Anforderungen treiben und bleiben daher weit unter ihren Möglichkeiten bzw. schöpfen ihr Nachhaltigkeitspotenzial nicht voll aus. Was sind ihrer Meinung nach die Gründe?
STEGER Was Packstoffe betrifft orientieren wir uns als Kosmetikhersteller am Lebensmittelstandard, und es war lange Zeit schwierig, eine entsprechende Qualität an Rezyklat-Verpackungen zu erhalten. Daher – und weil wir die Wichtigkeit erkannt haben – haben wir ein eigenes Expertenteam gegründet, uns starke Forschungspartner gesucht und unsere eigenen Materialquellen erschlossen. Viele Unternehmen haben dazu einfach nicht die Zeit und die Ressourcen.
Welche Schwerpunkte setzt Ihr Unternehmen beim Thema Nachhaltigkeit? Welche Ziele und Systemen zur Sicherstellung von sozialen und ökologischen Qualitätsstandards innerhalb Ihrer Lieferkette haben Sie?
STEGER Wir orientieren uns an den 17 Sustainable Development Goals (UN) und haben daraus für uns die wichtigsten Ziele definiert und in unserer Strategie verankert. Darüber hinaus sind wir Mitglied im Forum Rezyklat, um nachhaltige Verpackungslösungen mit voranzutreiben. Zudem haben wir uns der Initiative Science Based Targets angeschlossen, um zur Erreichung des 1,5-Grad-Ziels beizutragen.
Wie stellen Sie sicher, dass Nachhaltigkeit in Ihrem Unternehmen ganzheitlich über alle Unternehmensbereiche hinweg vorangetrieben wird?
STEGER Wir haben immer wieder abteilungsübergreifende Meetings zum Thema Nachhaltigkeit und eigene Initiativen, unter anderem in den Bereichen Rohstoffe, Verpackung, Wasser, Energie und Abfall. In den Meetings tauschen sich Expertinnen und Experten aus den verschiedenen Abteilungen aus. Jede dieser Personen ist für die Umsetzung der in unserer Strategie fest verankerten Nachhaltigkeitsziele in seinem/ihrem Bereich verantwortlich.
Was sind die größten Learnings? Welchen Rat können Sie anderen Manager:innen geben, die sich auch mit dem Thema Nachhaltigkeit beschäftigen?
STEGER Fang an, tu was du kannst, verfolge deine Ziele mit Überzeugung! So handhaben wir das von Anfang an und haben auch immer unsere Mitarbeitenden miteinbezogen und sie für die Themen sensibilisiert. In unserer internen Kommunikation geben wir regelmäßig Updates, wo wir aktuell stehen und was wir schon erreicht haben. Das ist wichtig, um alle an Bord zu halten und Projekte weiter voranzutreiben.
Über Christine Steger:
Christine Steger ist 2012 als Head of Marketing & Category Management bei MANN & SCHRÖDER COSMETICS eingestiegen. 2013 hat sie neben ihrem Vater Hans Schröder die Geschäftsführung des Familienunternehmens übernommen, die sie seit seinem Tod 2015 alleine trägt. Die Diplom-Betriebswirtin absolvierte ihr Studium an der Universität Mannheim und arbeitete anschließend in verschiedenen Positionen im Bereich Marketing/Vertrieb, unter anderem bei Reckitt Benckiser. Heute verantwortet sie als Geschäftsleitung bei MANN & SCHRÖDER COSMETICS selbst die Bereiche Marketing, Vertrieb, Entwicklung und Personal.