Gastbeitrag Prof. Dr. Philipp Sandner

Wenn Maschinen autonom bezahlen

In einer Welt des Internets der Dinge werden selbstfahrende Autos autonom tanken, Kühlschränke eigenständig Lebensmittel nachbestellen, Sensoren Daten verkaufen und Maschinen Ersatzteile ordern. Das erfordert allerdings eine neue Zahlungsinfrastruktur: den Euro auf Blockchain-Basis. Unternehmen sollten sich mit diesem wichtigen Aspekt der Industrie 4.0 beschäftigen und entsprechende Projekte auf den Weg bringen.

Schätzungen zufolge werden im Jahr 2025 mehr als 20 Milliarden Geräte mit dem Internet verbunden sein – das sind rund dreimal so viele Geräte, wie aktuell Menschen auf der Erde leben. Diese Geräte und Maschinen werden immer intelligenter und selbstständiger: Im Internet of Things (IoT) und in der Industrie 4.0 messen Sensoren Daten und Akteure führen Aktionen durch – und dies in großem und stets zunehmendem Maße automatisiert. Das Zusammenspiel von neuen Technologien wie künstlicher Intelligenz, Robotik und Blockchain ermöglicht es ihnen, autonom zu handeln. 

Früher oder später wird ein Teil dieser Geräte auch in den Zahlungsverkehr eingebunden werden. Wesentlicher Bestandteil dieser Entwicklung sind automatisierte Zahlungsprozesse mittels Smart Contracts – schließlich geht es hier nicht nur um den reinen Zahlungsverkehr, sondern darum, Zahlungen in eine Geschäftslogik einzubinden. Smart Contracts übersetzen die Geschäftslogik in Wenn-dann-Funktionen und ermöglichen so eine erhebliche Automatisierung. Auf diese Weise sind Maschinen in Zukunft in der Lage, autonom zu bezahlen, was beträchtliche Effizienzvorteile für Unternehmen mit sich bringt. Konsequenterweise muss hierfür der Euro auf die Blockchain kommen.

RÜCKRAT DER MACHINE ECONOMY

Die Blockchain-Technologie bietet dabei nicht nur die Chance, Unternehmen, Menschen und Maschinen zu vernetzen. Sie gewährleistet zudem die Datenintegrität und bildet so das Rückgrat der Machine Economy. Sie ist am besten dafür geeignet, Millionen oder Milliarden von Geräten mit einem Computerchip und folglich mit einem Wallet auszustatten, sodass ein Gerät Zahlungen empfangen (Umsätze) und automatisiert Geld transferieren kann (Kosten). Mehrheitlich wird dies in Euro geschehen, denn so müsste weder die Buchhaltung umgestellt werden, noch gäbe es Wechselkursrisiken.

Die Blockchain-Technologie
stellt Datenintegrität sicher
und bildet so das Rückgrat
der Machine Economy.

Kenner der Technologie können sich eine Wirtschaft ohne den Euro auf Blockchain-Basis nicht vorstellen. Gerade für die europäische Industrie wird dies besonders wichtig sein: Unternehmen schreiben ihre Rechnungen in dieser Währung und nehmen auch Buchungen darin vor. Eine Welt, in der etwa Automobilhersteller wie BMW Rechnungen in einer hochvolatilen Kryptowährung wie Bitcoin versenden, ist aus Expertensicht derzeit nicht vorstellbar. Dafür ist ihre allgemeine Akzeptanz als Zahlungsmittel zu gering und die regulatorischen Hürden sind zu hoch. Euro-Banknoten – aber auch der US-Dollar oder der Schweizer Franken – repräsentieren Wert, ebenso wie Aktien, Immobilien und andere Gegenstände. In der heutigen Welt gibt es Plattformen für den Euro-Zahlungsverkehr und andere Systeme, zum Beispiel siloartige IT-Systeme, für den Wertpapierhandel. Nur ein Blockchain-System ist in der Lage, verschiedene Arten von Assets integriert abzubilden, ohne dass neue siloartige Strukturen entstehen. Die Blockchain wird hier als „Distributed Ledger Technology“-System (DLT-System) verstanden. Um die Kontoführung technisch zu organisieren, ist ein Blockchain-Netzwerk aus verschiedenen Gründen effizienzsteigernd: Es bricht dank der verteilten Struktur Datensilos auf, erhöht die Datenintegrität und schafft Vertrauen durch Transparenz und Nachvollziehbarkeit.

JETZT DIE WEICHEN STELLEN

Für die Industrie 4.0 spielt die Blockchain-Technologie daher eine entscheidende Rolle. Entscheidungsträger in Unternehmen sollten sich daher intensiv mit diesem wichtigen Aspekt des IoT beschäftigen. Sensoren, die Daten verkaufen, Maschinen, die eigenständig Ersatzteile bestellen, selbstfahrende Autos, die auch autonom tanken – all das wird erst durch einen auf der Blockchain basierenden Euro möglich. FinTechs und Banken arbeiten bereits an Lösungen hierfür. Wollen Unternehmen im technologischen Wandel bestehen, sind sie gut beraten, ebenfalls Budgets zu schaffen und entsprechende Projekte zu initiieren.

PROF. DR. PHILIPP SANDNER leitet das Frankfurt School Blockchain Center (FSBC) an der Frankfurt School of Finance & Management, das Unternehmen hinsichtlich ihrer Blockchain-Aktivitäten berät. Er gehört dem FinTechRat des Bundesfinanzministeriums sowie dem Blockchain Observatory der Europäischen Union an und ist Mitgründer des Blockchain Bundesverbands, der International Token Standardization Association (ITSA) und der Multichain Asset Managers Association (MAMA). Zu seinen Themenschwerpunkten gehören auch Crypto Assets, die Distributed Ledger Technology und Euro-on-Ledger. 

Weitere Artikel