Die TRUMPF Gruppe ist einer der Pioniere der Digitalisierung im Maschinenbau. Der Hersteller von Werkzeugmaschinen und industrieller Lasertechnologie aus Ditzingen bei Stuttgart will damit die Effizienz steigern und umfassende Services für Kunden bieten. Im Interview berichtet Dr.-Ing. Mathias Kammüller, Chief Digital Officer und Mitglied der Gruppengeschäftsführung bei TRUMPF, wie weit das Unternehmen bereits gekommen ist und wie es die Mitarbeiter auf dem Weg der digitalen Transformation mitnimmt.
WIE TREIBT TRUMPF DEN DIGITALEN WANDEL VORAN?
KAMMÜLLER Wir haben vor drei Jahren unsere Digitalstrategie erarbeitet und unsere digitale Ambition festgelegt. Die Digitalstrategie umfasst vier miteinander verbundene Bereiche: die Prozesse, die Produkte, die Plattform, auf der unsere Kunden ihre Prozesse und die Daten ihrer Maschinen vernetzen können, sowie disruptive Geschäftsmodelle, etwa Kapazitätsmarktplätze. In der digitalen Ambition haben wir uns bis 2022/2023 Ziele für das Unternehmen, die Mitarbeiter und für unsere Kunden gesetzt. So wollen wir 30 Prozent schneller und produktiver werden und sind überzeugt, dass uns das gelingen wird.
WAS SIND IHRE GRÖSSTEN HERAUSVORDERUNGEN AUF DEM WEG ZUR „AUTOMATED COMPANY“?
KAMMÜLLER Für ein großes Unternehmen wie unseres ist es besonders herausfordernd, die Softwarearchitektur und Struktur grundsätzlich zu verändern. Inzwischen haben wir das erreicht und ein sehr gutes Bild unserer zukünftigen Softwarearchitektur entwickelt. Jetzt geht es darum, die Integrationsplattform, standardisierte Schnittstellen und harmonisierte Stammdaten zu schaffen, die für die Vernetzung notwendig sind. Das bedeutet auch, die IT-Mannschaft so auszurichten, dass sie Enabler und Accelerator der Digitalisierung ist. Durch die Zusammenarbeit und das Know-how aller Digitalverantwortlichen gibt es bei TRUMPF einen gemeinsamen Wissensstand und eine klare Richtung. Zudem stehen die Funktionsbereiche und die Mitarbeiter hinter den Veränderungen.
WIE GEWÄHRLEISTEN SIE INTERN DIE AKZEPTANZ?
KAMMÜLLER Durch unser Informationsmanagement und intensive Schulungen aller Führungskräfte. Darüber hinaus haben wir vorab, wie bei allen großen Veränderungen im Unternehmen, personalpolitische Grundprinzipien vereinbart. Sie legen fest, dass durch die digitale Transformation niemand seinen Arbeitsplatz verliert, niemand weniger verdient als vorher und jeder Mitarbeiter seiner Qualifikation entsprechend eingesetzt oder in neuen Aufgaben geschult wird. Das gibt Sicherheit und verhindert Ängste. Veränderungen können schließlich am besten mit und nicht gegen die Mitarbeiter umgesetzt werden.
WO SEHEN SIE DIE GRÖSSTEN POTENZIALE DER DIGITALISIERUNG?
KAMMÜLLER Den Gesamtprozess „Order to Cash“ zu verbessern, bietet uns ein enormes Potenzial. Man benötigt eine End-to-End-Sicht auf den gesamten Wertschöpfungsprozess, um schneller und effizienter zu werden. In den vergangenen Jahren haben wir vor allem die Produktion optimiert; die administrativen Prozesse in der Planung und Auftragsabwicklung standen bisher noch nicht so stark im Fokus.
INWIEWEIT BEEINFLUSST DIE ABSCHWÄCHENDE KONJUNKTUR IHRE WEITEREN DIGITALISIERUNGSVORHABEN?
KAMMÜLLER Der beginnende Abschwung zwingt uns, unsere Maßnahmen schärfer zu priorisieren und noch genauere Businesspläne zu entwickeln. Das hat auch Vorteile. Wir haben mehr Transparenz über Kosten und Nutzen sowie klarere Projektziele, die wir besser verfolgen können. Grundsätzlich sind wir auf eine mögliche Krise gut vorbereitet, da wir schon vor eineinhalb Jahren zur Prognose kamen, dass ab Ende 2018 die Auftragseingänge zurückgehen. Daher haben wir bereits im Januar 2018 in allen Bereichen konkrete Maßnahmen festgelegt, wie wir der Krise begegnen. Sie ermöglichen uns jetzt erhebliche Kosteneinsparungen und helfen auch, den Absatz anzukurbeln.
WIE STELLT SICH TRUMPF AUF, UM KUNDEN EIN UMFASSENDES DIGITALES ANGEBOT BEREITZUSTELLEN?
KAMMÜLLER Hier dreht sich vieles um unsere geplante Customer-Experience-Plattform, in die auch ein E-Shop eingebunden sein wird: Darüber wollen wir digitale Produkte und Services anbieten und den Kunden die Möglichkeit geben, ihr bestehendes Portfolio einzusehen, zu optimieren und neue Angebote abzurufen – alles auch über mobile Endgeräte. Unser Ziel ist, den Kunden volle Transparenz und Steuerbarkeit ihrer Maschinen und Produktion zu ermöglichen. In einzelnen Pilotmärkten haben wir dies bereits implementiert.
WAS WÜRDEN SIE HEUTE ANDERS MACHEN, WENN SIE DIE DIGITALE TRANSFORMATION NOCHMALS ANGEHEN MÜSSTEN?
KAMMÜLLER Ich würde zu Beginn den Fokus noch stärker darauf richten, alle Unternehmensbereiche zusammenzubringen und ein einheitliches Verständnis zu finden. Wobei sich durch den Umgang mit hochkomplexen Prozessen und Strukturen einige Teilaspekte und Abhängigkeiten dann doch erst in der konkreten Umsetzung im Detail haben erfassen lassen.